London, 31. Mai (Reuters) – In Großbritannien wächst nach einer Phase der Beruhigung in der Konservativen Partei wieder der Unmut über Premierminister Boris Johnson wegen des Partygate-Skandals. Zwei weitere Abgeordnete signalisierten am Dienstag, dass sie das Vertrauen in den Regierungschef verloren hätten. Zudem erklärte der ehemalige Parteichef William Hague, es könne sein, dass sich Johnson bereits kommende Woche einem Misstrauensvotum stellen müsse.
Johnson hatte sich erst vor einer Woche im Parlament für Verstöße gegen strikte Kontaktbeschränkungen zur Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie entschuldigt. Aus einem Bericht der Spitzenbeamtin Sue Gray geht hervor, dass viele Partys im Amtssitz Downing Street geplant wurden, einschließlich Absprachen darüber, wer den Alkohol mitbringt. Bei einer Party im Juni 2020 sei es zu übermäßigem Alkoholkonsum gekommen, hieß es in dem Bericht.
Eine Person sei dabei krank geworden, zwei weitere hätten sich heftig gestritten. Bei einer anderen Party in der Nacht vor der Beerdigung von Prinz Philip sei bis in die Morgenstunden gefeiert worden. Auf zahlreichen Fotos sind die Partys dokumentiert, auch Johnson ist mehrfach abgebildet.
Der Abgeordnete John Stevenson erklärte, er sei sehr enttäuscht über das Verhalten des Premiers. Da dieser keine Konsequenzen ziehe, bleibe als einzige Option ein Misstrauensvotum. „Ich habe bereits die entsprechenden Maßnahmen eingeleitet.“ Hague sagte, die vergangene Woche bekannt gewordenen neuen Details im Partygate-Skandal wirkten wie eine langsam glimmende Zündschnur. Immer mehr Abgeordnete kritisierten Johnson, die Glut in der Zündschnur komme „dem Dynamit immer näher“.
Bislang haben 25 Abgeordnete öffentlich erklärt, dass sie ein Votum über den Verbleib von Johnson an der Staatsspitze beantragt haben. Mindestens sechs haben ihn heftig für den Skandal kritisiert, aber offen gelassen, ob sie ein Misstrauensvotum unterstützten.
Mindestens 54 konservative Abgeordnete müssen das Votum bei dem Vorsitzenden des einflussreichen Komitees 1922 beantragen, damit es zustande kommt. Die Anträge sind vertraulich, nur der Komitee-Vorsitzende weiß, wie viele derzeit vorliegen. Die frühere Ministerin Andrea Leadsom warf Johnson unentschuldbare Verfehlungen vor. Die konservativen Abgeordneten müssten nun entscheiden, was zu tun sei, um das Vertrauen in die Regierung wieder herzustellen.
In Großbritannien wächst für Johnson wieder Gefahr eines Misstrauensvotums
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