Lukrative Deals für Investoren ist wieder Verhandlungssache
Die Schlagzeilen sind seit Monaten geprägt von Krieg, Krise, Inflation und Entwertung. Hinzu kommen Lieferkettenprobleme infolge der Corona-Pandemie, Rohstoffengpässe in Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg, der fortschreitende Fachkräftemangel und Unsicherheiten bei der KfW-Förderung. Erstmals seit mehr als einem Jahrzehnt andauernden Aufschwung ist die Immobilienbranche ins Stocken geraten und viele Immobilien-Deals haben an Reiz verloren.
Dass Hopfen und Malz für Investoren aber längst nicht verloren sind, davon ist Immobilienexperte Alexander Lang überzeugt. Trotz der vielen Herausforderungen sieht der Unternehmer und Investor die mit einhergehenden Chancen dieser neuen Marktlage und sagt: “Wenn die Karten neu gemischt wurden, entstehen immer neue Möglichkeiten”. Warum es jetzt durchaus noch möglich ist in Immobilien zu investieren, erklärt Alexander Lang in diesem Interview.
Wie hat sich der Immobilienmarkt in den letzten Monaten entwickelt?
“Aktuell ist in der Immobilienbranche eine Art Bereinigung unter Immobilienmaklern und -Investoren zu erkennen. Die Finanzierungskosten haben sich seit Jahresbeginn rund verdreifacht und eine kurzfristige Entspannung ist nicht in Sicht, was bei vielen zu Liquiditätsproblemen bereits geführt hat oder noch führen wird.
Aber auch Investoren neigen momentan dazu, ihre Pläne erstmal zu “Parken” und abzuwarten. Was nicht bedeutet, dass keine Verkäufe bzw. Käufe mehr stattfinden. Es sind seit dem Sommer allerdings deutlich weniger als zuvor. Dabei handelt es sich hauptsächlich um ESG-konforme, nachhaltige und zukunftsfähige Immobilien in guter Lage oder mit stabiler Mietstruktur.”
Auf welche Immobilien liegt aktuell der Fokus?
“Aktuell liegt der Fokus auf Objekten, die nicht mehr als 30 Jahre alt sind und nicht komplett sanierungsbedürftig sind. Denn bei der Finanzierung einer Immobilie achten die Banken immer stärker auf den Energieausweis, weshalb sie wieder genauer hinsehen, wen und was sie finanzieren.
Bestände aus den 50er, 60er Jahren oder älter werden hingegen immer mehr zum Ladenhüter. Bei steigenden Zinsen und Materialkosten, wenigen Förderungsmöglichkeiten, schlechter Verfügbarkeit von Handwerkern plus die generellen Unsicherheiten bei einer Sanierung, stellt sich aktuell einfach die Frage: Was wird das Objekt in einem Jahr wert sein, wenn es saniert ist? All diese Faktoren zusammen führen dazu, dass eher die jüngeren Immobilien in den Fokus geraten, wo die Heizung und Elektronik noch funktioniert, die Fenster zweifach verglast sind, das Dach intakt ist und so weiter. Eben jene Immobilien, an denen nicht unbedingt etwas Gravierendes erneuert werden muss.”
Was macht die Lage auf dem Immobilienmarkt gerade so besonders?
“Nie zuvor gab es einen so rasanten Zinsanstieg und einen so gravierenden Materialmangel in Kombination. Das wirkt sich natürlich enorm auf die Bauwirtschaft aus. Bereits jetzt ist die Nachfrage nach Wohneigentum in deutschen Großstädten um bis zu 52 Prozent eingebrochen, weil die Käufer sich mit Investitionen angesichts der aktuell unsicheren Lage zurückhalten. Das macht die Situation einerseits auch total spannend. Niemand kann gerade sagen, wo genau es hingeht. Wer sich aber auf die Möglichkeiten konzentriert, die dadurch jetzt entstehen und dabei sehr behutsam vorgeht, kann noch viele Chancen ergreifen, die es in den letzten Jahren kaum gab.”
Was bedeutet das für Investoren? Wo liegen ihre Chancen?
“Wenn jemand Eigenkapital hat, stellt sich natürlich die Frage: Wie investieren? Das Geld auf dem Konto zu lassen, ist die schlechteste Entscheidung. Denn dort verliert es definitiv seinen Wert. Immobilien können jedoch im Hinblick auf Geldwertverlust und Zinsen einen Wertausgleich schaffen oder reale Renditen erwirtschaften.
Man darf nicht vergessen, dass in einer Finanzkrise nicht nur Investoren und Makler leiden, auch für Verkäufer von Immobilien ist es schwierig. Objekte, die alt sind und Sanierungsbedarf haben oder nicht in bester Lage liegen, finden allmählich kaum noch Käufer – erst recht nicht mehr zu den gewohnt hohen Preisen der letzten Jahre. Das bedeutet, dass aktuell wieder verhandelt werden kann, was in den vergangenen Jahren nicht möglich war. Da wurde man eher noch nach Abgabe eines Angebots überboten.
Wer also nicht auf das Eigenkapital angewiesen ist und bei dem kein Cashflow fließen muss, für denjenigen ist jetzt eine sehr gute Zeit für den Kauf einer Immobilie. Durch die zurückgewonnenen Verhandlungsmöglichkeiten eröffnen sich Käufern und Investoren lukrative Chancen.”
In welche Art Immobilien ist es jetzt sinnvoll zu investieren?
“Wer eine Investitionsanlage sucht, sollte ein Auge auf Mietobjekte werfen, die nicht älter als 30 Jahre sind. Weil das Volumen an Neubauten und Sanierungen aufgrund gestiegener Baukosten und Zinsen sinkt und es sich viele nicht mehr leisten können ein Eigenheim zu erwerben, werden im Wohnungsbereich Mietnachfragen und Mieten steigen. Das gilt besonders für Ballungsgebiete.
Eine Investorenregel sagt: “Gewohnt wird immer” – demzufolge wird es stets eine Nachfrage an Mietwohnungen oder Miethäusern geben, was die Immobilie zu einer sicheren Einnahmequelle macht. Wer sehr gut verhandeln kann und somit finanziell in der Lage ist, in mehrere Wohneinheiten zu investieren, sollte dies tun. So kann das Risiko von hohen Mietausfällen auf mehrere Einheiten verteilt und dadurch vermindert werden.”
Autor
Alexander Lang ist Immobilienexperte, Investor und Multiunternehmer. Innerhalb von wenigen Jahren baute sich der ehemalige Polizist einen Immobilienbestand von über 30 Wohneinheiten auf und ist heute durch die Mieterträge finanziell frei. Sein Immobilienwissen gibt er auch in Seminaren weiter. www.alexander-lang.de
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder