Montag, Dezember 23, 2024
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Hintergrund: Rumänien – Vom Armenhaus Europas zum gesuchten Investitionsstandort

Bukarest, 09. Jan – Rumänien hat sich vom einstigen Armenhaus Europas zum Aufsteigerland gemausert. Auch dank üppiger Finanzhilfen aus Brüssel hat sich das EU-Mitglied zur zweitgrößten Volkswirtschaft Osteuropas nach Polen entwickelt. Auch wenn Korruption und politische Instabilität in jüngster Vergangenheit den Aufstieg bremsten, kann das Land auf eine beeindruckende Aufwärtsentwicklung seit dem EU-Beitritt 2007 zurückblicken. Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet für 2023 ein Wirtschaftswachstum von 3,1 Prozent, womit Rumänien Polen mit einem prognostizierten Plus von 0,5 Prozent deutlich hinter sich lassen würde. Der Ukraine-Krieg direkt vor den Toren der EU lässt die relative Stabilität des Standorts Rumänien für Investoren noch attraktiver erscheinen.

Unternehmen, die von Russland und der Ukraine Produktion in nahe gelegene kostengünstige Standorte verlagerten, trugen mit dazu bei, dass die ausländischen Direktinvestitionen von Januar bis Oktober 2022 auf 9,39 Milliarden Euro stiegen – die höchste Zahl in einem solchen 10-Monatszeitraum seit Rumäniens EU-Beitritt. Eine Umfrage von Ernst&Young (EY) im vorigen Jahr ergab, dass mehr als die Hälfte von 101 ausländischen Unternehmen planten, in Rumänien Geschäft aufzubauen oder zu erweitern – hauptsächlich mit Blick auf Lieferketten und Logistik.

Rumänien belegte damit den vierten Platz in Europa in Bezug auf Investitionsabsichten. „Wir sind optimistisch, dass die Investitionen in den kommenden Jahren steigen werden, was auch durch EU-Mittel gefördert wird“, so EY-Experte Alex Milcev. Das Ministerium für kleine Betriebe und Unternehmertum hat derzeit fünf mögliche Verlagerungsprojekte aus Russland, Belarus und der Ukraine im Wert von schätzungsweise 705 Millionen Euro vorliegen.

Einen dicken Fisch hat das Land mit Nokian Tyres aus Finnland an der Angel: Der Konzern plant bis 2024 insgesamt 650 Millionen Euro in eine Fabrik in Oradea im Nordwesten Rumäniens zu investieren – einer relativ wohlhabenden Gegend, die an Ungarn grenzt. „Es war klar, dass Oradea die beste Wahl für unsere neue Fabrik war“, sagte Päivi Antola, Leiterin des Bereichs Investor Relations bei Nokian Tyres. Ihr Unternehmen habe über 40 Ziele geprüft und dabei die Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitskräfte, logistische Vorteile, grüne Energiequellen und den Zugang zum Schienennetz unter die Lupe genommen.

Laut dem Auswärtigen Amt ist Deutschland der wichtigste Handelspartner Rumäniens und größter ausländischer Direktinvestor. Schwerpunkt ist dabei die Kraftfahrzeug-Zulieferbranche sowie der Einzelhandel. I

HAUPTSTADT BUKAREST FLORIERT

Die Stabilität der Landeswährung Leu ist ein weiterer Faktor, der Rumänien für Investoren attraktiv erscheinen lässt – insbesondere auch im Vergleich zum ungarischen Forint, der im vergangenen Jahr mehrere Rekordtiefs erreichte. Höhere Gehälter jenseits der Grenze haben bereits zahlreiche Ungarn dazu veranlasst, Jobs im industrialisierten Westen Rumäniens anzunehmen.

Doch nicht überall in dem Land sind die Bedingungen so gut. Einige ländliche Gebiete sind nicht ans Stromnetz angeschlossen. In der geschäftigen Hauptstadt Bukarest ist der Lebensstandard hingegen höher als im Osten Deutschlands. Aber auch auf dem Land tut sich etwas, wie Mugur Isarescu betont. Er leitet seit über drei Jahrzehnten die rumänische Zentralbank und zeigt sich beeindruckt vom Verkehr abseits der Metropole: „Ich war kürzlich auf dem Land: Stoßstange an Stoßstange – Verkehr auf beiden Seiten. Also nicht nur in Bukarest“, sagte Isarescu: „Es sieht nicht wirklich nach Rezession oder Armut aus.“

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Quelle: Reuters

Symbolfoto: Bild von Eugen Visan auf Pixabay

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