New York, 08. Feb – Für Investoren dürfte das wichtigste Thema in der Rede zur Lage der Nation von US-Präsident Joe Biden die Steuerpläne des Demokraten sein. Bereits am Tag vor der Ansprache am Dienstagabend (Ortszeit; Nacht auf Mittwoch MEZ) gab das Präsidialamt bekannt, dass Biden sich unter anderem vor dem Kongress für eine Vervierfachung der Ein-Prozent-Steuer auf Aktien-Rückkäufe starkmachen wolle. Angesichts der Machtverhältnisse im Kongress gilt zwar die Verwirklichung dieser Pläne in der von Biden gewünschten Form als unwahrscheinlich. Allerdings könnte Experten zufolge auch eine kleinere Erhöhung der Steuer auf Rückkäufe zu einer Verschiebung milliardenschwerer Geldströme in Richtung Dividenden führen.
Biden unterzeichnete im August ein Gesetz, das die Bundessteuer auf Aktien-Rückkäufe von Konzernen vorschreibt. Eine Vervierfachung auf vier Prozent gilt unter Experten als unwahrscheinlich, da die Republikaner mindestens die nächsten zwei Jahre das Repräsentantenhaus kontrollieren und Steuererhöhungen ablehnen. Jedoch könnte bereits eine Steuer in Höhe von 2,5 bis 2,7 Prozent dafür sorgen, dass Konzerne wieder Gelder von Aktien-Rückkäufen zu Dividenden umschichten, sagt Howard Silverblatt von S&P Dow Jones Indices.
EXPERTE: KURSE KÖNNTEN IN DIESEM JAHR ANGEKURBELT WERDEN
Mehr noch: Sollten die US-Unternehmen das Gefühl bekommen, dass eine solche Erhöhung tatsächlich bevorsteht, könnten sie vorher noch schnell eine Welle von Rückkäufen einleiten. „Wir könnten eine Beschleunigung sehen, und das könnte die Erträge und Aktienkurse in diesem Jahr vielleicht ankurbeln“, sagt Jack Ablin, Chief Investment Officer bei Cresset Capital. „Wenn diese Steuer die Unternehmen ermutigt, ihre Dividenden zu erhöhen, statt Aktien zurückzukaufen, ist das alles in allem keine schlechte Sache.“
In den USA werden auf Dividenden-Erträge Steuern erhoben, in der Regel 20 Prozent bei Amerikanern und 30 Prozent bei ausländischen Besitzern von US-Aktien. Nach früheren Angaben der Brookings Institution befinden sich etwa 30 Prozent der in den USA gelisteten Aktien in ausländischem Besitz. Bei einem Rückkauf von Aktien durch den jeweiligen Konzern steigt der Wert der verbliebenen Anteilsscheine. Wichtig dabei: Kursgewinne werden in den USA nicht besteuert, solange die Papiere nicht verkauft werden. Die Alternative des Aktien-Rückkaufs steht amerikanischen Unternehmen seit Anfang der 80er-Jahre offen, vorher galt sie als Form der Kursmanipulation und war illegal.
Seitdem geben US-Konzerne Geld zu einem immer größeren Anteil über Aktien-Rückkäufe an ihre Investoren zurück statt als Dividenden. Dem Staat entgehen damit Milliarden, so die Kritik, während insbesondere die Super-Reichen ihr Geld so steuerfrei vermehren könnten. Im Jahr 2021 waren es 882 Milliarden Dollar, die die Unternehmen im S&P 500 für Rückkäufe ausgaben, verglichen mit 511 Milliarden für Dividenden. Ein Ende des Trends ist bislang nicht zu erkennen: Silverblatt zufolge dürfte 2023 das erste Jahr werden, in dem die Gesamtsumme für Aktien-Rückkäufe der S&P-500-Konzerne die Marke von einer Milliarde Dollar überschreitet.
Hintergrund: Aktien-Steuerpläne im Fokus der Investoren bei Biden-Rede
Quelle: Reuters
Symbolfoto: Bild von sattysingh auf Pixabay
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