Donnerstag, Dezember 26, 2024
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Hintergründe: 7 Gründe, warum die deutsche Wirtschaft auch 2023 wachsen könnte

Berlin, 13. Jan – Energiekrise, Inflation, Lieferengpässe, steigende Zinsen, Krieg in der Ukraine: Die Risiken für die deutsche Wirtschaft bleiben auch im neuen Jahr außergewöhnlich groß. Dennoch könnte es erneut zu einem Wachstum reichen, auch wenn die meisten Ökonomen bislang noch mit einem Schrumpfen von Europas größter Volkswirtschaft rechnen. Das spricht dafür:

GASVERSORGUNG

Der noch vor wenigen Monaten befürchtete Gasmangel mit dramatischen Folgen für die deutsche Industrie wird zunehmend unwahrscheinlich – auch für den kommenden Herbst/Winter. Die Speicher sind auch wegen milder Temperaturen zu gut 90 Prozent gefüllt. „Bei aller Restunsicherheit: Ich rechne nicht damit, dass diesen Winter noch etwas schiefgeht“, sagt der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller. Er geht mittlerweile davon aus, dass die Speicher am Ende dieses Winters zu mehr als 50 Prozent gefüllt sein werden. Damit wird ein Mangel in der Kälteperiode 2023/24 unwahrscheinlicher – selbst wenn russische Pipeline-Lieferungen nach Europa komplett ausfallen und auch der Flüssiggas-Import zurückgeht, wie der Speicherverband Ines betont.

VOLLE AUFTRAGSBÜCHER

Die deutsche Industrie hat zuletzt zwar einen Einbruch im Neugeschäft erlitten. Das ändert aber nichts daran, dass ihre Auftragsbücher so prall gefüllt sind wie selten zuvor. Die Reichweite des Auftragsbestands beträgt rund acht Monate – sie gibt an, wie viele Monate die Betriebe bei gleichbleibendem Umsatz ohne neue Bestellungen theoretisch produzieren müssten, um die vorhandenen Aufträge abzuarbeiten. „Neben hohen Energiekosten für die Industriebetriebe führt die anhaltende Knappheit an Vorprodukten nach wie vor zu Problemen beim Abarbeiten der Aufträge“, erklärt das Statistische Bundesamt das Zustandekommen des komfortablen Polsters, auf das die Unternehmen bei weiterhin ausbleibendem Neugeschäft zurückgreifen können. Das könnte die Produktion stabilisieren.

SINKENDE LIEFERENGPÄSSE

Die Klagen der deutschen Industrie über fehlende Materialien haben im Dezember den dritten Monat in Folge abgenommen – und das deutlich. 50,7 Prozent der Unternehmen litten noch darunter, nach 59,3 Prozent im November, wie das Münchner Ifo-Institut bei seiner Umfrage herausfand. „Eine Auflösung der Engpässe scheint sich nun in vielen Branchen abzuzeichnen“, sagt der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe. „Dies wird die Konjunktur in den kommenden Monaten stützen.“ Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) geht ebenfalls davon aus, dass die Bestellungen nun peu a peu abgearbeitet werden können. „Erfreulicherweise lösen sich die Staus im internationalen Frachtverkehr langsam auf, deswegen beginnt sich die Liefersituation schrittweise zu normalisieren“, sagt auch DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben. 

ERHOLTE FINANZMÄRKTE

Gegen einen Konjunkturabsturz spricht auch die gute Entwicklung an den Aktienmärkten, an denen Investoren die künftige Entwicklung vorwegzunehmen versuchen: Der deutsche Leitindex Dax sprang in dieser Woche erstmals seit Februar 2022 über die Marke von 15.000 Punkten. „Die deutliche Entspannung bei der Rezessionswahrscheinlichkeit hängt stark mit positiven Trends auf den Finanzmärkten zusammen: Die Börsenkurse haben sich weiter erholt und die Kreditrisikoprämien für Unternehmen sind noch einmal gesunken“, heißt es beim gewerkschaftsnahen Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK).

STAATLICHE HILFEN

Gas- und Strompreisbremse treten in diesem Jahr in Kraft. Dadurch wird der Preis für ein Grundkontingent der Privathaushalte von 80 Prozent des geschätzten Verbrauchs auf zwölf Cent heruntersubventioniert. Zweistellige Inflationsraten dürften spätestens dann der Vergangenheit angehören, erwartet IMK-Direktor Sebastian Dullien. Das alles könnte die privaten Konsum stützen und damit die Konjunktur insgesamt. Die meisten Ökonomen sagen deshalb einen deutlichen Rückgang der Inflationsrate voraus, die 2022 mit 7,9 Prozent so hoch ausgefallen war wie noch nie seit Bestehen der Bundesrepublik. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) rechnet mit einem Rückgang auf 5,4 Prozent.

KAUFFREUDIGE VERBRAUCHER

Die Konsumenten sorgten mit ihren Mehrausgaben schon im vergangenen Jahr mit dafür, dass die Wirtschaft trotz aller Krisen wachsen konnte. Ein Grund dafür dürften die während der Corona-Pandemie angehäuften 200 Milliarden Euro an Zusatzersparnis sein. „Die Kaufkraft ist vorhanden, Löhne und Gehälter werden gezahlt“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE), Stefan Genth. Das könnte die Rezession ebenfalls mildern, zumal viele Tarifabschlüsse für teils deutlich steigende Löhne sorgen. Die rund 3,9 Millionen Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie etwa bekommen in zwei Schritten 8,5 Prozent mehr Geld sowie 3000 Euro Einmalzahlung netto. 

ARBEITSMARKT

Der Arbeitsmarkt zeigt sich trotz aller Krisen robust. Die Zahl der Erwerbstätigen liegt aktuell mit rund 45,9 Millionen auf einem Rekordhoch. Im Gesamtjahr 2022 wuchs sie um durchschnittlich 589.000 oder 1,3 Prozent, weil vor allem Dienstleister wie Handel und Geschäfte nach dem Abflauen der Corona-Pandemie wieder mehr Mitarbeiter beschäftigen. Das Ifo-Institut rechnet sowohl in diesem als auch im kommenden Jahr mit weiteren Zuwächsen. Das sorgt für Jobsicherheit, die eine Voraussetzung für das Wachstum des privaten Konsums bildet. Dieser steht für gut zwei Drittel der deutschen Wirtschaftsleistung.

Hintergründe: 7 Gründe, warum die deutsche Wirtschaft auch 2023 wachsen könnte

Quelle: Reuters

Symbolfoto: Bild von Michael Bußmann auf Pixabay

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