London, 11. Nov – Die britische Wirtschaft steht nach einem schwachen Sommer an der Schwelle zu einer womöglich lange währenden Rezession. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) fiel von Juli bis September 0,2 Prozent schwächer aus als im Vorquartal, wie das Statistikamt am Freitag mitteilte. Zum Vergleich: Die deutsche Wirtschaft schaffte in diesem Zeitraum ein Wachstum von 0,3 Prozent. Die inflationsgeplagten britischen Verbraucher schränkten in den Sommermonaten ihren Verbrauch ein, während Unternehmen weniger investierten. Von Reuters befragte Ökonomen hatten sogar mit einem stärkeren Rückgang von 0,5 Prozent gerechnet. Bei zwei negativen Quartalen in Folge wird von einer Rezession gesprochen. Die Bank of England hatte erst kürzlich vor der Gefahr einer zweijährigen Rezession gewarnt.
Die Regierung stimmt die Briten ebenfalls auf schwierige Monate ein. „Ich mache mir keine Illusionen darüber, dass ein harter Weg vor uns liegt,“, sagte Finanzminister Jeremy Hunt zu den Konjunkturzahlen. „Aber um ein langfristiges, nachhaltiges Wachstum zu erreichen, müssen wir die Inflation in den Griff bekommen.“ Einen anderen Weg gebe es nicht. Die Teuerungsrate lagt zuletzt bei mehr als zehn Prozent, was an der Kaufkraft der Verbraucher nagt. „Die Sorgen vor einer Rezession werden Wirklichkeit“, kommentierte Analyst Suren Thiru vom Institute of Chartered Accountants die Entwicklung. „Das ist der Beginn einer Phase, da steigende Inflation, höhere Energierechnungen und Zinssätze die Einkommen belasten und uns ab Ende dieses Jahres in eine Rezession treiben.“
Die britische Notenbank stemmte sich zuletzt mit dem größten Zinsschritt seit Jahrzehnten gegen die ausufernde Inflation: Sie erhöhte den geldpolitischen Schlüsselsatz um 0,75 Punkte auf 3,0 Prozent. Es war die kräftigste Anhebung der Bank of England (BoE) seit 1989 – und dies mitten in einer sich abzeichnenden Rezession. „Wenn wir jetzt nicht konsequent handeln, wird es später noch schlimmer“, verteidigte BoE-Chef Andrew Bailey die Entscheidung. Die höhere Zinsen machen Kredite für Investitionen und Konsum teurer, was die Konjunktur zusätzlich bremsen kann.
Der konjunkturelle Trend zeigte zuletzt deutlich nach unten. Allein im September, als die Beerdigung von Königin Elizabeth mit einem einmaligen Feiertag begangen wurde, an dem viele Unternehmen geschlossen waren, schrumpfte die britische Wirtschaft um 0,6 Prozent. Die schwachen Wirtschaftsaussichten bilden einen schwierigen Hintergrund für die Haushaltserklärung von Finanzminister Hunt in der kommenden Woche. Als Reaktion auf die Daten wiederholte er seine Ankündigung von harten Entscheidungen bei Steuern und Ausgaben, um die öffentlichen Finanzen Großbritanniens und die Glaubwürdigkeit der Regierung in der Wirtschaftspolitik nach der kurzen Amtszeit von Liz Truss als Premierministerin wiederherzustellen.
Großbritannien droht längere Rezession – „Harter Weg vor uns“
Quelle: Reuters
Titelfoto: Bild von Michael Siebert auf Pixabay
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