Donnerstag, März 28, 2024
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Gläubigern der Kryptobank Celsius droht jahrelange Zitterpartie

Washington/London, 18. Jul (Reuters) – Den Kunden der insolventen Kryptobank Celsius stehen harte Zeiten bevor. Experten zufolge müssen sie sich auf Jahre der Ungewissheit einstellen, bevor klar wird, wie, wann und ob sie überhaupt ihr Geld wiedersehen. „Es wird zahlreiche Prozesse geben“, prognostiziert Insolvenz-Experte Daniel Gwen von der Kanzlei Robes & Grey. Celsius war für einen Kommentar zunächst nicht zu erreichen. Wegen der Komplexität des Falls werde es allein mindestens sechs Monate dauern, um einen Plan für eine Rückkehr aus der Insolvenz aufzustellen, prognostiziert Stephen Gannon, Partner in der Kanzlei Davis Wright Tremaine. „Das wird ein 3D-Schachspiel.“ 

Zwar schlitterten in den vergangenen Jahren bereits mehrfach große Kryptofirmen wie die Handelsplattform Mt.Gox im Jahr 2014 in die Pleite. Es gebe aber kaum Präzedenzfälle zum Umgang mit Kunden von Kryptobanken, sagt James Van Horn, Partner bei der Kanzlei Barnes & Thornburg. „Im besten Fall ist es unbekannt, wie das Insolvenzrecht und die Gerichte Kryptowährungsfirmen behandeln.“ 

EINE BANK ODER NUR SCHEINBAR EINE BANK?

Dem US-Gläubigerschutzparagraphen „Chapter 11“ zufolge erhalten zunächst die Geber besicherter Kredite ihr Geld. An zweiter Stelle folgen Gläubiger unbesicherter Kredite und zuletzt Anteilseigner. „Gläubiger unbesicherter Kredite haben kein Anrecht auf irgendwelche Mittel“, betont Van Horn. „Sie erhalten manchmal nur einen sehr kleinen Betrag.“ 

Celsius habe seine Kunden bereits gewarnt, sie als Gläubiger unbesicherter Kredite zu klassifizieren, sagte der auf Kryptowährungen spezialisierte US-Anwalt Max Dilendorf. Zu dieser Gruppe zählt sich auch Martin Jabou aus Hamilton in Kanada. Der 27-Jährige hat Kryptowährungen im Volumen von 45.000 Dollar bei Celsius auf dem Konto, deren Wert sich inzwischen bereits mehr als halbiert hat. „Wir werden wohl die Letzten auf der Rückzahlungsliste sein. Ich weiß nicht, wie ich die Miete oder das Auto bezahlen soll.“ Anwalt Dilendorf erwartet eine Klagewelle von Kunden. Es werde interessant, wie Celsius seine Entscheidung begründe, diese als Gläubiger unbesicherter Kredite zu klassifizieren. 

Kryptobanken agieren zwar wie traditionelle Geldhäuser. Allerdings sind sie kaum reguliert und sind auch nicht Teil von Einlagensicherungsfonds, wie sie in zahlreichen Ländern existieren. Diese springen bis zu einem gewissen Betrag ein, sollte ein Institut pleitegehen. 

ZWEISTELLIGE ZINSEN – ZU SCHÖN UM WAHR ZU SEIN?

Als Folge der Kursturbulenzen bei Bitcoin & Co hatte Celsius Mitte Juni die Konten seiner Kunden eingefroren. In seinem Insolvenz-Antrag hatte das Unternehmen ein 1,2 Milliarden Dollar großes Loch in seiner Bilanz öffentlich gemacht. Die Zahl der Gläubiger bezifferte es auf mehr als 100.000. Zu möglichen Rückzahlungen machte Celsius keine Angaben. 

Während der Pandemie erlebten Kryptobanken einen Boom. Sie lockten Anleger mit zweistelligen Zinsen für Einlagen in Cyber-Devisen. Hedgefonds wiederum liehen sich von Firmen wie Celsius Kryptogeld gegen hohe Zinsen, um ihrerseits mit Internet-Währungen zu spekulieren oder in Finanzdienstleister aus dem Krypto-Sektor zu investieren. 

Mit dem Kursverfall von Bitcoin & Co gehen einige der riskanteren Wetten nicht mehr auf. So konnte der Hedgefonds Three Arrows seine Kredite nicht mehr bedienen und trieb den Celsius-Rivalen Voyager Digital in die Insolvenz.

Gläubigern der Kryptobank Celsius droht jahrelange Zitterpartie

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