Berlin, 19. Apr – Im Tarifstreit bei der Bahn will die Gewerkschaft EVG zum zweiten Mal den Schienenverkehr bundesweit lahmlegen. Am Freitag von 03.00 bis 11.00 Uhr seien alle EVG-Mitglieder bei der Deutschen Bahn und in weiteren rund 50 Bus- und Bahn-Unternehmen zum Arbeitskampf aufgerufen, erklärte die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) am Mittwoch. Damit müssen sich Reisende und Wochenend-Pendler wieder auf Zugausfälle und Verspätungen einstellen. „Es wird kein einziger Zug in dieser Republik fahren“, sagte EVG-Tarifvorständin Cosima Ingenschay. Auch im Laufe des Tages sei dann weiter mit Einschränkungen zu rechnen. Ihr EVG-Kollege Kristian Loroch sagte, ein mehrtägiger Streik sei derzeit noch nicht verhältnismäßig. „Das kann noch kommen.“ Ohne bessere Angebote der Arbeitgeber laufe man weiter in die nächste Eskalationsstufe hinein.
Die Gewerkschaft setzt nach eigenen Angaben „ein deutliches Zeichen, dass wir nicht die Fahrgäste, sondern die Unternehmen treffen wollen, indem wir diesmal zu einem zeitlich befristeten Warnstreik in den frühen Morgenstunden aufrufen“. Zu verantworten hätten dies die Arbeitgeber, die sich bislang konstruktiven Tarifverhandlungen verweigerten.
Die Gewerkschaft verhandelt für rund 230.000 Beschäftigte bei den rund 50 Bahn- und Busunternehmen und pocht auf zwölf Prozent mehr Lohn, mindestens aber 650 Euro im Monat mehr. Der Staatskonzern Deutsche Bahn hatte fünf Prozent mehr und Einmalzahlungen von bis zu 2500 Euro angeboten.
Die Deutsche Bahn kritisierte den Streik als unverständliche Eskalation vor der nächsten Gesprächsrunde am Dienstag. „Die EVG hat Maß und Mitte komplett verloren und setzt nur auf Krawall“, monierte Bahn-Personalvorstand Martin Seiler. Für Freitag, den reisestärksten Tag der Woche, erwartet der Konzern wieder massive Beeinträchtigungen im gesamten Bahnbetrieb.
EVG – SCHLICHTUNG IM ÖFFENTLICHEN DIENST IST KEINE BASIS
Die EVG und Verdi für den öffentlichen Dienst hatten Ende März parallel am gleichen Tag gestreikt und damit fast alle öffentlichen Verkehrsmittel lahmgelegt. Im öffentlichen Dienst liegt mittlerweile ein Schlichterspruch vor, an dem sich auch die Deutsche Bahn (DB) orientieren will, wie Seiler bekräftigte. Angeregt wurden Lohn-Erhöhungen im Gesamtvolumen von über zehn Prozent. Die Schlichter schlugen ein in mehreren Raten bis Februar 2024 ausgezahltes steuerfreies Inflationsausgleichsgeld von 3000 Euro vor, mit einer ersten Zahlung im Juni 2023.
„Warum sollte das, was für die 2,5 Millionen Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes gut ist, nicht auch für 180.000 Eisenbahner gut sein?“, sagte Bahn-Manager Seiler. Die EVG lehnte es jedoch ab, bei der DB einen Abschluss auf Basis des Schlichterspruchs zu erzielen. Man verhandle vielmehr für die Belegschaft von Bus und Bahn und erwarte deshalb, „dass von der Deutschen Bahn nicht Empfehlungen an andere Gewerkschaften abgeschrieben werden, sondern konkret auf unsere Forderungen eingegangen wird“, sagte Loroch.
Kurz vor dem Wochenende müssen sich neben Bahnreisenden auch Fluggäste auf Beeinträchtigungen einstellen. Denn Verdi hat das Luftsicherheitspersonal an den Flughäfen Düsseldorf, Hamburg und Köln/Bonn am Donnerstag und Freitag zum Streik aufgerufen. Die EVG erklärte, man habe sich nicht mit Verdi abgesprochen. Der zeitgleiche Arbeitskampf sei Zufall. Der Verdi-Streik gilt etwa für Beschäftigte, die Passagiere, Personal und Waren kontrollieren. Der Ausstand beginnt in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag und endet in der Nacht von Freitag auf Samstag. In Berlin haben zudem Vertreter der „Letzten Generation“ Verkehrsbehinderungen angekündigt. Bekannt geworden sind die Aktivisten etwa dadurch, dass sie sich auf Straßen festkleben, um gegen den klimaschädlichen Verkehr zu protestieren.
Quelle: Reuters
Symbolfoto: Bild von NoName_13 auf Pixabay
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