Die Inflation in Deutschland pendelt sich gerade um die Marke von 10 Prozent ein. Das bedeutet vereinfacht: Ein Gehalt von 2.000 Euro netto ist ein Jahr später nur noch 1.800 Euro wert. Im Alltag fällt die Teuerung, je nachdem welche Heizung wir nutzen, ob wir gerade bauen, renovieren oder aufs Auto angewiesen sind, teils sogar noch höher aus. Erste Versorger berichten gar schon von weinenden Kunden am Telefon! Doch wie soll es weiter gehen? Gibt es womöglich Abhilfe? Sogenannte Mehrkontenmodelle helfen dabei, die alltäglichen Ausgaben transparent zu machen, Rücklagen etwa für Nachzahlungen für Energiekosten zu tätigen und möglicherweise sogar noch etwas zu sparen. Selbst das eigene Wohlbefinden kann profitieren.
Klein beginnen, erste Erfolge feiern: Das 3-Konten-Modell
Wer sich auf den Weg zu einem wirklich funktionierenden Spar-System macht, kann mit dem sogenannten 3-Konten-Modell beginnen und sich so langsam zu komplexeren Sparformen vortasten. Beim 3-Konten-Modell geht es zunächst darum, regelmäßige Einnahmen und Ausgaben gegenüberzustellen und den monatlichen Überschuss zu ermitteln. Wer beispielsweise 3.000 Euro verdient und 1.900 Euro im Monat fixe Kosten zu bestreiten hat, dem bleiben 1.100 Euro übrig. Diesen Betrag gilt es nun auf drei verschiedene Konten zu verteilen – im Regelfall auf zwei Girokonten und ein Tagesgeldkonto.
Über das erste Girokonto laufen dann sowohl die Einnahmen als auch alle Festkosten. Insgesamt sollten maximal 70 Prozent der Einnahmen von diesem Konto für die Lebenshaltung abfließen. Die verbleibenden 30 Prozent fließen zum einen auf das Tagesgeldkonto, welches so lange gefüllt wird, bis es etwa vier Monatsgehälter an Rücklagen umfasst. Das so angesparte Geld hilft dabei, auf Notfälle, wie etwa die nächste Gasrechnung oder andere Hiobsbotschaften, wie die kaputte Waschmaschine, reagieren zu können. Erst wenn das erste Tagesgeldkonto gefüllt ist, fließt der Überschuss auf das zweite Girokonto. Dessen Bestimmungszweck: Freizeitaktivitäten und Urlaube.
Tipp: Viele Banken bieten heute smarte Daueraufträge an. So kann man etwa überschüssige Beträge am Ende des Monats automatisch sparen. Sinn macht es, das Gehalt unmittelbar nach seiner Auszahlung auf die jeweiligen Konten zu verteilen.
Einen Schritt weiter: Das 4-Konten-Modell für clevere Sparer
Wer darüber hinaus investieren will, ergänzt das 3-Konten-Modell um ein Investment-Konto, wie etwa ein Konto bei einem Online-Vermögensverwalter oder Online-Broker. Für den langfristigen Vermögensaufbau bieten sich entweder kostengünstige ETFs, die in der Regel schon ab kleinen zweistelligen Beträgen sparplanfähig sind, an, oder aber ein selbst verwaltetes Aktiendepot. „ETFs haben jahrelang gute Ergebnisse erzielt“, erklärt Geld-Coach Ulrich Müller. „In den aktuell herausfordernden Zeiten kann es aber Sinn machen, auf Einzelwerte zu setzen. Doch Vorsicht: Wer in Einzelwerte investiert, sollte zunächst Finanzwissen aufbauen und die eigenen Investments aktiv begleiten“, so Müller von der Ulrich Müller Wealth Academy in Halstenbek bei Hamburg.
Tipp: Viele Online-Broker – und auch zahlreiche Banken – bieten ETF-Sparpläne inzwischen kostenlos an, sodass die eine regelmäßige Investition in diese Anlageform keine zusätzlichen Gebühren verursacht.
Die Premium-Lösung: Das 6-Konten-Modell
Das 6-Konten-Modell, das speziell der Börsencoach Ulrich Müller präferiert, teilt die monatlichen Zu- und Abflüsse sehr detailliert auf. Neben den Vorteilen des 4-Konten-Modells kommen hier noch Bereiche hinzu, die dem Ziele einer finanziellen Unabhängigkeit dienen und auch der gesellschaftlichen Verantwortung des Einzelnen Rechnung tragen sollen. Grundsätzlich sieht die Verteilung des Geldes beim 6-Konten-Modell folgendermaßen aus:
Konto 1: Finanzielle Freiheit (Anteil 10 Prozent)
Konto 2: Lebensunterhalt (Anteil 55 Prozent)
Konto 3: Langfristige Ausgaben (Anteil 10 Prozent)
Konto 4: Spaß (Anteil 10 Prozent)
Konto 5: Weiterbildung (Anteil 10 Prozent)
Konto 6: Spenden (Anteil 5 Prozent)
Neben den bereits bekannten Konten für Lebenshaltung, Spaß und langfristige Ausgaben sind beim 6-Konten-Modell vor allem die Bereiche finanzielle Freiheit, Weiterbildung und Spenden als Besonderheit zu nennen. Insbesondere das Konto 1 für finanzielle Freiheit spielt hier eine wichtige Rolle. Mit zehn Prozent des Gesamtbudgets strebt Müller dort langfristige Vermögensziele an – vorzeitige Entnahmen von diesem Konto sind daher nur im Notfall vorgesehen.
Konto 2 dient dem Lebensunterhalt und macht mit 55 Prozent den größten Anteil aus. Mit Konto 3 lassen sich Rücklagen für teure Neuanschaffungen, wie beispielsweise ein Auto, bilden. Dank Konto 4 kommt auch der Spaß nicht zu kurz: „Viele Menschen haben Ihre Ausgaben für Spaß und Freizeit-Aktivitäten nicht im Blick oder setzen hier völlig falsche Prioritäten. Wer seinen Finanzen aber eine Struktur gibt, lernt schnell die eigenen Spielräume kennen“, erklärt Müller und betont, wie wichtig es darüber hinaus ist, die Konten 5 und 6 zu befüllen. „In das eigene Wissen und die eigene Entwicklung zu investieren, macht langfristig mehr Spaß, als ein Tag im Freizeitpark. Auch bewusst Gutes zu tun, kann sinnstiftend sein und uns so selbst in schwierigen Zeiten ein gutes Gefühl geben“, glaubt Müller.
Wie wichtig es ist, dem eigenen Leben einen Sinn zu geben, weiß auch Gesundheitsexperte Dr. Ben Baak. Eine gewisse Struktur helfe demnach dabei, Prioritäten zu setzen. „Wer wie beim Sechs-Konten-Modell einen gewissen Rahmen absteckt, gibt seiner Finanzplanung Struktur und erleichtert damit den Alltag. Dieses Prinzip gilt auch wenn es darum geht, mehr Sport zu machen oder Diäten einzuhalten. Klare Regeln geben uns Orientierung und das Wissen, auf dem richtigen Weg zu sein“, so Baak.
Fazit: Selbst wenn das Geld in diesen Tagen immer weniger wert wird, sollten Menschen nicht resignieren. Wer Hilfsmittel wie Mehrkontenmodelle nutzt, gewinnt leichter einen Überblick über die eigenen Finanzen und kann so womöglich leichter an den nötigen Stellschrauben drehen. Wer zudem der eigenen Entwicklung Raum gibt und sei es nur mit kleinsten Beträgen, erhöht damit zusätzlich die Chance, gestärkt aus der Krise zu gehen.
Geld knapp? Dank Mehrkontenmodellen das Beste aus der Krise machen
Titelfoto: Bild von Jonathan Cooper auf unsplash