Berlin, 18. Aug (Reuters) – Durch die Senkung der Mehrwertsteuer auf Gas dürfte die Inflationsrate nach Prognose von Ökonomen doch nicht über die Zehn-Prozent-Marke steigen. „Die Entlastung über die Mehrwertsteuer führt erfreulicherweise dazu, dass die gemessene Inflationsrate sinkt und damit das Risiko abnimmt, dass sie im Winter über die psychologisch wichtige Zehn-Prozent-Marke springt“, sagte der Wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Sebastian Dullien, am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters. Trete die Senkung von 19 auf 7 Prozent zum 1. Oktober in Kraft, dürfte die Teuerungsrate in den letzten drei Monaten dieses Jahres um etwa 0,7 Prozentpunkte niedriger ausfallen als dies ohne die Maßnahme der Fall gewesen wäre. „Für das Jahr 2023 dürfte die Mehrwertsteuersenkung die Inflation etwa um 0,8 Prozentpunkte dämpfen“, sagte Dullien.
Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer geht ebenfalls davon aus, dass der Auftrieb bei den Verbraucherpreisen spürbar geringer ausfallen wird. „Für Oktober und November erwarten wir nicht mehr eine Inflation deutlich über neun Prozent, sondern um neun Prozent“, sagte Krämer.
Aktuell liegt die Teuerungsrate bei 7,5 Prozent. Tankrabatt und 9-Euro-Ticket haben die Inflation zuletzt etwas gezähmt, doch laufen diese staatlichen Maßnahmen Ende August aus. Viele Experten hatten deshalb erwartet, dass die Inflationsrate im Herbst über die Marke von zehn Prozent klettern wird – zumal dann die Gas-Umlage von 2,4 Cent zum Ausgleich höherer Import-Kosten wegen ausgefallener russischer Lieferungen gelten soll. Für einen vierköpfigen Haushalt macht dies bei einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden 480 Euro aus.
Bundeskanzler Olaf Scholz hatte zuvor verkündet, die Mehrwertsteuer auf Gas bis zum März 2024 von 19 auf sieben Prozent zu senken, um die Bürger zu entlasten. Die meisten Ökonomen kritisieren den Schritt trotz der inflationsdämpfenden Wirkung.
„Es ist richtig, dass sich die Bundesregierung des Problems der steigenden Belastung jener Haushalte annimmt, die mit Erdgas heizen“, sagte Dullien. Allerdings würden damit jene mehr entlastet, die auch mehr Gas verbrauchen. „Das sind vor allem Haushalte mit hohen Einkommen“, kritisierte Dullien. „Außerdem wird der Anreiz zum Gassparen durch den niedrigeren Preis gedämpft.“ Hätte man die nun aufgewendeten Mittel verwendet, um einen Gaspreisdeckel für einen Grundverbrauch von Gas für jeden Haushalt einzuführen, so wäre sowohl die Verteilungs- als auch die Anreizwirkung besser gewesen.
Gas-Steuersenkung verhindert zweistellige Inflationsraten
Copyright: (c) Copyright Thomson Reuters 2022
Titelfoto: Symbolfoto
Die aktuelle Folge zum FUNDSCENE NFT, Web3 , Metaverse Talk