Freitag, März 29, 2024
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G20-Gipfel verurteilt Russland und will freien Welthandel

Nusa Dua/Berlin, 16. Nov (Reuters) – Der G20-Gipfel in Indonesien hat sich auf eine überraschend deutliche Kritik am russischen Angriff auf die Ukraine geeinigt und sich für einen freien Welthandel ausgesprochen. Kanzler Olaf Scholz sagte, die Sprache der Abschlusserklärung sei erstaunlich klar, Russland sei isoliert. In der am Mittwoch einstimmig gebilligten Deklaration der Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer wird zudem die Sorge wegen einer hohen Verschuldung vieler Staaten und der hohen Inflation betont. Sie enthält auch den Appell, die Weltwirtschaft wieder zu stärken. Der zweite Tag des Gipfeltreffens auf Bali war zunächst von dem Einschlag einer Rakete im polnischen Grenzgebiet zur Ukraine überschattet.

Nach langem diplomatischem Ringen wurde die Gipfel-Erklärung verabschiedet, in der Russlands Krieg gegen die Ukraine mit deutlichen Worten kritisiert wird. „Die Diskussion darüber war sehr, sehr hart“, sagte der indonesische Gastgeber, Präsident Joko Widodo, zum Ende des Gipfels. Die chinesische Regierung, die als Verbündete Moskaus gilt, gab keinen unmittelbaren Kommentar zu der Erklärung ab. Die staatlichen Medien in China und Russland veröffentlichten aber eine Übersetzung des Textes, der die Verurteilung Russlands und auch das Wort „Krieg“ beinhaltet – obwohl russischen Medien die Verwendung dieses Begriffes im Zusammenhang mit den Kämpfen in der Ukraine verboten ist. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sprach trotz der Kritik von einem „ausbalancierten Text.“

Die G20-Mitglieder vertreten Staaten mit mehr als 80 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts, 75 Prozent des internationalen Handels und 60 Prozent der Weltbevölkerung. Der Gipfel war auch von vielen bilateralen Treffen etwa zwischen den Präsidenten der USA und Chinas geprägt. Scholz kam unter anderem mit dem indischen Regierungschef Narendra Modi zusammen. Indien übernimmt 2023 den G20-Vorsitz.

ERKLÄRUNG VERURTEILT RUSSLAND – ABWEICHENDE MEINUNG ERWÄHNT

„Die meisten Mitglieder haben den Krieg in der Ukraine auf das Schärfste verurteilt und haben betont, dass er unermessliches menschliches Leid verursacht und bestehende Schwachstellen in der Weltwirtschaft verschärft“, heißt es in der Erklärung. In dem Text wird darauf verwiesen, dass der Krieg das weltweite Wachstum einschränke, die Inflation antreibe, die Versorgungsketten unterbreche, die Energie- und Ernährungsunsicherheit verstärke und die Risiken für die Finanzstabilität erhöhe.

Eine Einigung mit Russland und China wurde möglich, weil die Erklärung auch den Hinweis enthält, dass es „andere Ansichten und unterschiedliche Einschätzungen der Situation und der Sanktionen“ in der Ukraine gibt. „Wir erkennen an, dass die G20 nicht das Forum für die Lösung von Sicherheitsfragen ist, aber wir erkennen an, dass Sicherheitsfragen erhebliche Auswirkungen auf die Weltwirtschaft haben können“, heißt es zudem. Ohne direkte Nennung des Ukraine-Kriegs wird der „Einsatz oder die Androhung des Einsatzes von Atomwaffen“ für unzulässig erklärt. Die friedliche Beilegung von Konflikten, Bemühungen zur Bewältigung von Krisen sowie Diplomatie und Dialog seien unerlässlich. „Die heutige Zeit darf nicht von Krieg geprägt sein.“ Scholz sprach davon, dass Russlands Präsident Wladimir Putin mit seiner Politik in der Welt fast alleine dastehe.

SORGEN WEGEN SCHULDEN UND INFLATION

Die G20-Staaten zeigten sich zudem beunruhigt wegen des hohen Schuldenstands vieler Entwicklungs- und Schwellenländer. Ohne China namentlich zu erwähnen, wird betont, wie wichtig es sei, dass alle offiziellen und privaten bilateralen Gläubiger zusammenarbeiten sollten. Zudem wird mehr Transparenz gefordert. Hintergrund sind Sorgen, dass China über die Regierung, Provinzen und Privatfirmen riesige Kreditsummen an mittlerweile hoch verschuldete Entwicklungsländer vergibt, aber keinen Überblick mehr über das Volumen hat. Scholz hatte im Vorfeld vor einer neuen Weltfinanzkrise gewarnt.

Die G20 bekennen sich zudem zum freien Welthandel. Sie wollten zusammen sicherstellen, dass Lieferketten funktionierten und es zu keinen Handelsunterbrechungen komme. „Wir bekräftigen die wichtige Rolle des Tourismus für den weltweiten Aufschwung“, heißt es zudem. Des Weiteren wird eine Stabilisierung der Nahrungsmittelmärkte und eine Fortsetzung des Abkommens mit Russland für ukrainische Getreide-Ausfuhren über das Schwarze Meer gefordert. Russlands Außenminister Sergej Lawrow, der Putin am Dienstag auf dem Gipfel vertreten hatte und dann vorzeitig abgereist war, verwies auf Zusicherungen der USA und der EU, dass sie russische Getreidelieferungen nicht behindern würden. Diese fallen allerdings nicht unter die im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg verhängten Sanktionen gegen Russland.

Weitere Punkte der Erklärung sind die Ausrichtung der G20-Zentralbanken auf den Kampf gegen die hohe Inflation sowie ein erneutes Bekenntnis zu der beschlossenen Mindestbesteuerung für Unternehmen und Maßnahmen gegen Steuervermeidung und -hinterziehung.

Mit Blick auf den Kampf gegen den Klimawandel bekennen sich die G20 zu dem 1,5 Grad-Ziel und den 100 Milliarden Dollar jährlich, die die Industriestaaten ärmeren Ländern für deren Weg zur Klimaneutralität zahlen wollen. „Dies erfordert sinnvolle und wirksame Maßnahmen und das Engagement aller Länder, wobei unterschiedliche Ansätze berücksichtigt werden müssen“, heißt es auch mit Blick auf den laufenden Weltklimagipfel in Ägypten.

G20-Gipfel verurteilt Russland und will freien Welthandel

Quelle: Reuters

Titelfoto: Bild von Tumisu auf Pixabay

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