Donnerstag, November 14, 2024
StartClose UpNachhaltige Nahrung: Weshalb Food-Tech für Venture Capital-Funds ein echter Zukunftsmarkt ist

Nachhaltige Nahrung: Weshalb Food-Tech für Venture Capital-Funds ein echter Zukunftsmarkt ist

Wenn wir über Food-Tech sprechen, dann geht es um die Verzahnung der Lebensmittelindustrie mit der Technologiebranche. Das Ziel dieses jungen Wirtschaftszweiges: Mithilfe von technischen Innovationen sollen nachhaltigere und gesunde Nahrungsmittel hergestellt werden.

Der Grund für dieses hehre Ziel liegt auf der Hand: Die Klimakrise, mitsamt all ihrer Hitzewellen, Starkregenereignisse oder Dürren stellen die Lebensmittelbranche und damit die Landwirtschaft vor erhebliche Problemstellungen. Wie will man angesichts dieser Zukunftsaussichten die Weltbevölkerung ernähren?

Food-Tech soll die Antwort auf diese Frage liefern.

Nun steht die Antwort auf diese Frage noch aus. Und die eine Antwort wird es sehr wahrscheinlich auch nicht geben. Aber Stand jetzt sind im Food-Tech-Bereich drei Haupttechnologien zu beobachten, auf die sich bereits einige spannende Ventures spezialisiert haben und die die Entwicklungen der nächsten Jahre maßgeblich bestimmen werden.

  1. Plant-based: Dabei handelt es sich um Produkte, die auf pflanzlichen Proteinen basieren. Meist gibt es bei diesen Produkten keine oder kaum regulatorische Hürden, weshalb sie für einen schnellen Markteintritt gut geeignet sind. Allerdings können sie bisher noch nicht die traditionellen Produkte ersetzen und müssen sich daher kontinuierlich weiterentwickeln, um für den Massenmarkt geeignet zu sein. Dennoch gibt es bereits viele verschiedene Produkte auf dem Markt, wie etwa Planted Foods, Beyond Meat und Like Meat.
  1. Fermentation / Mycelium: Herkömmliche Fermentation wird schon seit Jahrtausenden im Lebensmittelbereich eingesetzt, um Brot, Käse, Milch oder Bier herzustellen. Die meisten Ventures in diesem Bereich setzen allerdings auf die sogenannte Präzisionsfermentierung, bei der einem Mikroorganismus genetische Informationen eingepflanzt werden und sie dadurch Proteine absondern, die bisher nur von tierischen Lebewesen erzeugt werden konnten. Mycelium ist ein Pilzgeflecht, das sich in der Wurzel durch den Boden zieht. Es ist extrem nährstoffreich, wächst sehr schnell und kommt durch eine Umami-Note geschmacklich sowie bezogen auf die Textur sehr nahe an Fleisch heran. Viele der in diesen Prozessen beteiligten Mikroorganismen wurden bisher nicht im Lebensmittelbereich genutzt und müssen daher auch den Regulationsprozess der EU durchlaufen. Die ersten Produkte auf Fermentation- und Mycelium-Basis werden 2024 oder 2025 auf den Markt kommen.
  1. Cell-based: Hierbei handelt es sich um Produkte, für die einem Tier unter Betäubung mittels Muskelbiopsie Gewebeproben entnommen werden, von denen anschließend Stammzellen isoliert werden. Mithilfe von Kulturmedien in einem Bioreaktor wachsen und vermehren sich diese Zellen, bis sie sich schließlich zu Muskel-, Fett- und Gewebezellen entwickeln. Die Hauptbestandteile von Fleisch. Aus dem Zellmaterial entsteht dann später Fleisch, wie wir es kennen. In diesem Bereich gibt es sehr hohe regulatorische und technologische Hürden, sodass erste marktreife Produkte in der nächsten Dekade erwartet werden. Mit Upside Foods, Meatable oder Wildtype haben sich bereits die ersten Ventures an den Start gemacht.

Der VC-Markt für Food-Tech explodiert förmlich. Laut einer Studie von Bain & Company sind im vergangenen Jahr Investments in Höhe von insgesamt 18,9 Milliarden US-Dollar in Food-Tech-Start-ups geflossen – Tendenz stark steigend. Aber das reicht noch längst nicht. Die Expert:innen gehen ferner davon aus, dass es jährliche Investitionen in Höhe von circa 150 Milliarden US-Dollar bräuchte, um die stark steigende Nachfrage nach nachhaltigen Lebensmitteln abzudecken. Wir werden in den nächsten Jahren also noch einmal eine deutliche Steigerung des Marktes beobachten können. Es herrscht Goldgräberstimmung.

Daran ändert wahrscheinlich auch die derzeitige Wirtschaftskrise nichts. Natürlich werden stark steigende Preise dafür sorgen, dass sich viele Menschen keine nachhaltigen und deshalb teuren Produkte leisten werden. Aber wir beobachten auch eine neue Form des Verbrauchers, den sogenannten „Conscious Consumer”, der sich auch von einer Inflation nicht davon abhalten lässt, alternative Lebensmittel zu kaufen, eben weil sie für unsere Umwelt zwingend notwendig sind.

Diese Gruppe von Menschen ist noch klein, aber sie wächst mit jedem Jahr. Gleichzeitig ist es allerdings auch extrem wichtig, Preisparität mit oft stark subventionierten, herkömmlichen Produkten zu erreichen, um den Massenmarkt bedienen zu können.

Eine weitere große Herausforderung für die Branche ist die Regulierung. Die Cell-based- und Fermentations-Ventures müssen eine regulatorische Hürde nehmen, um ihre Produkte zu vertreiben. Das liegt daran, dass die meisten dieser Ventures mit Mikroorganismen und Technologien arbeiten, die bisher nicht in der Lebensmittelindustrie genutzt wurden und daher als “Novel Food” deklariert werden.

In der EU dauert dieser Prozess bei der European Food Safety Authority (EFSA) meist mehrere Jahre. In den USA (6 bis 18 Monate) oder in Singapur (3-9 Monate) geht es meist deutlich schneller.

Bild: Peter Schmetz Investment Manager Vorwerk Ventures Fotograf/Bildquelle: Credits: Viktor Strasse/ Vorwerk Ventures

Autor:

Peter Schmetz ist Principal bei Vorwerk Ventures. Bevor er zum Wagniskapitalgeber kam, arbeitete er in der Treasury-Abteilung der Vorwerk Gruppe, wo er hauptsächlich für das Fremdwährungs- und Liquiditätsmanagement verantwortlich war.

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Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder

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