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Feature: Treu aber leidenschaftslos – US-Demokraten in Berlin stehen zu Biden

Berlin, 22. Feb – Der USA-Stammtisch im Berliner Bierkeller „Eschenbräu“ ist nicht zu verfehlen: In der Mitte auf der langen Holztafel steht eine kleine Fahne mit dem unverwechselbaren, rot-weiß-blauen Sternenbanner. Eingeladen haben wie jeden Monat die Democrats Abroad. Die Gruppe ist Anlaufstelle für im Ausland lebenden Anhänger der Partei von US-Präsident Joe Biden. Zwölf von ihnen haben an diesem Abend den Weg in das urige Szene-Brauhaus gefunden. Die meisten leben seit Jahren in Berlin, einige erst seit kurzem.

Auf Englisch erzählen sie von ihrer Heimat und tauschen Tipps zum Überleben im deutschen Behördendschungel aus. Auch über Politik wird gesprochen: Wie in den USA beschäftigt die Demokraten in Deutschland, wer für sie bei der nächsten Präsidentschaftswahl im November 2024 antritt. Wird es wieder Biden sein, der vor einem Vierteljahr 80 wurde und in den Umfragen seit Monaten schwächelt? Oder lieber doch jemand Jüngeres, vielleicht aus dem linken Parteilager? 

Die 63-jährige Renee Johnsson macht seit 2016 bei Democrats Abroad in Berlin mit, weil Bidens Vorgänger Donald Trump sie in Sorge versetzte. Richtig toll findet sie die Gouverneurin von Michigan, Gretchen Whitmer. Aber ihr fehle die internationale Erfahrung. Renees idealer Präsidentschaftskandidat wäre ein in Innen- und Außenpolitik erfahrener Senator. „Aber ich weiß nicht, wer das sein sollte.“ Darum läuft es für sie letztlich doch auf Biden hinaus. „Ich rechne ihm hoch an, wie er die Nato während des Krieges in der Ukraine zusammenhält. Mir fällt niemand ein, der aktuell ein kompetenterer Präsident wäre.“

Auch Katja hält Whitmer für interessant, wie sie im Telefonat mit der Nachrichtenagentur Reuters nach dem Stammtisch noch einmal unterstreicht. „Menschen wie sie treiben die politische Debatte in die richtige Richtung voran.“ Die 32-Jährige, die lieber nur ihren Vornamen nennen will, lebt seit drei Jahren in Deutschland. Eigentlich tendiert sie eher zum linken Parteiflügel der Demokraten. Aber sie hält den politisch in der Mitte angesiedelten Biden für wählbarer. Das hätten auch die Zwischenwahlen im vergangenen November gezeigt, als die Demokraten zwar Verluste einstecken mussten, aber immerhin besser als erwartet abschnitten.

ZÜNGLEIN AN DER WAAGE

Democrats Abroad vermeidet als Organisation, sich auf einen Favoriten in der Kandidatenfrage festzulegen. Die Gruppe will in erster Linie Anhänger der Demokraten im Ausland zum Wählen motivieren. „Viele Amerikaner wissen beispielsweise nicht, dass sie sich jedes Jahr aufs Neue als Wähler registrieren müssen. Wir geben Informationen weiter und helfen den Menschen“, erklärt Constance Chucholowski, Vorsitzende der Regionalgruppe Berlin. Auch das Federal Voting Assistance Program unterstützt US-Militärangehörige und andere Amerikaner im Ausland, damit sie von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen können. Es schätzt ihre Zahl auf ungefähr drei Millionen, 75.000 davon in Deutschland. Ihre Wahlbeteiligung ist meist niedrig, dennoch können bei knappen Wahlverläufen ihre Stimmen entscheidend sein. 

Dieses Potenzial will Chucholowski ausschöpfen. Bei der Kandidatensuche 2020 bevorzugten 58 Prozent der Übersee-Demokraten Senator Bernie Sanders, eine Gallionsfigur des linken, oft auch als progressiv bezeichneten Parteilagers. Für Biden waren nur 23 Prozent. „Das hat viele Gründe“, erläutert Chucholowski. „Klar gehört auch eine gewisse Weltoffenheit dazu, freiwillig in ein anderes Land zu ziehen, die Amerikaner im Ausland möglicherweise progressiver veranlagt.“

Als progressiv bezeichnet sich auch Cameron Spector, der in Potsdam studiert. Der 23-Jährige meldet sich telefonisch von der Berlinale. Ihm fällt es schwer, sich auf einen Kandidaten festzulegen. „Leute wie Whitmer oder (Kaliforniens Gouverneur) Gavin Newsom begeistern mich nicht zu 100 Prozent. Jemand aus dem ‚Squad‘ wäre natürlich toll, aber die sind alle noch ziemlich jung.“ „The Squad“ ist eine informelle Bezeichnung für eine Gruppe linker Abgeordneter im US-Repräsentantenhaus, allen voran die New Yorkerin Alexandria Ocasio-Cortez. Doch sollten die Demokraten sich erneut für Biden entscheiden, werde er hinter ihm stehen, sagt Cameron. 

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Quelle: Reuters

Symbolfoto: Bild von wal_172619 auf Pixabay

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