Frankfurt, 09. Nov – Aktionäre, die auf hohe Ausschüttungen der Banken in der Euro-Zone hoffen, müssen sich womöglich auf Enttäuschungen einstellen. Denn da sich die Konjunkturaussichten immer mehr eintrüben, dringen Bankenaufseher Insidern zufolge darauf, dass die Institute Kapital sichern. Aufseher mahnten angesichts der Rezesionsgefahr zur Vorsicht, sagten drei mit den Überlegungen vertraute Insider aus Aufsichtskreisen. Bankhäusern werde es wahrscheinlich im nächsten Jahr schwerer fallen, ihre Füllhörner an Aktionäre großzügig auszuschütten. Denn ihre Kapitalpuffer könnten dann möglichgerweise kleiner sein, als sie aktuell erwarteten.
Die Europäische Zentralbank (EZB), die seit Herbst 2014 die großen Geldhäuser im Euro-Raum überwacht, sei der Ansicht, dass einige Institute zu optimistisch auf die Konjunktur blickten, merkten die Insider an. Die dabei zugrunde gelegten Modelle würden negative Folgen des gegenwärtigen Inflationsschubs nicht vollständig erfassen. Die EZB wollte sich zu den Informationen nicht äußern.
Großbanken wie die italienische Unicredit und Societe Generale aus Frankreich hatten zuletzt beflügelt durch den kräftigen Zinsanstieg und einen Boom im Wertpapierhandel über den Erwartungen liegende Gewinne eingefahren. Anteilseignern wurden Dividenden-Ausschüttungen und Aktienrückkäufe in Aussicht gestellt. Experten der US-Bank Morgan Stanley schätzen, dass Geldhäuser in der Euro-Zone in diesem Jahr rund 40 Milliarden Euro an Dividenden auszahlen werden. Dazu kämen 60 Milliarden Euro an Aktienrückkäufen bis nächstes Jahr. Einem der Insider zufolge hat die EZB bislang allen zur Genehmigung anstehenden Aktienrückkäufen grünes Licht erteilt, darunter auch Vorhaben von Unicredit und Societe Generale. Für die Anteilseigner sind das gute Nachrichten, nachdem auf dem Höhepunkt der Corona-Krise 2020 Ausschüttungen faktisch untersagt waren.
Doch der Chefbankenaufseher der EZB, Andrea Enria, mahnt die Branche angesichts zunehmender Gefahren zur Vorsicht. Die positiven Erwartungen aus der Branche stünden in starkem Kontrast zur aktuellen Risikolage, sagte er am Dienstag auf einer Konferenz zu Aufsichtsthemen. Dagegen herrscht in der Branche angesichts deutlich höherer Kapitalpolster im Vergleich eine andere Sichtweise vor. Der Grund: Deutlich höhere Kapitalpolster als noch zu Zeiten der globalen Finanzkrise und die Erwartung steigender Zinserträge im Zuge des Straffungskurses der Notenbanken. Manche Experten sind allerdungs der Auffassung, dass letztendlich die wirtschaftliche Realität darüber bestimmen wird, ob sich diese Einschätzungen durchhalten lassen. „Mit dem Eintritt der Wirtschaft in eine Rezession ist die Zeit der massiven Ausschüttungen vorbei“, meint etwa Marco Troiano von der Ratingagentur Scope. „Ein Abbau der Kapitalpolster würde Banken schwächen“.
EZB mahnt Banken bei Ausschüttungen zur Zurückhaltung
Quelle: Reuters
Titelfoto: Bild von Leonhard Niederwimmer auf Pixabay
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