Frankfurt, 10. Jan (Reuters) – Nach der Börsenrally zu Jahresanfang sind die Anleger in Europa wieder in Deckung gegangen. Der deutsche Leitindex Dax schloss am Dienstag 0,1 Prozent tiefer bei 14.774,60 Punkten.
Sein europäisches Pendant, der EuroStoxx50, fiel um 0,3 Prozent auf 4.056,67 Zähler. Auch die wichtigsten US-Indizes waren leicht im Minus. Eine Rede des US-Notenbank-Chefs Jerome Powell konnte die Zinssorgen der Anleger an der Wall Street nicht verringern. Zuvor sorgten die Aussagen von zwei US-Notenbankern für Verunsicherung. Die Fed werde demnach die Zinsen wahrscheinlich bis auf über fünf Prozent in die Höhe treiben und sie für einige Zeit auf diesem Niveau halten. Auch aus Sicht von Bundesbank-Präsident Joachim Nagel ist die hohe Inflation noch längst nicht überwunden.
„Auch wegen der am Donnerstag anstehenden Inflationsdaten aus den USA dürften die Anleger zunächst eine abwartende Haltung an den Tag legen“, sagte Analyst Konstantin Oldenburger vom Online-Broker CMC Markets. Der Aktienmarkt habe in den vergangenen Wochen immer wieder das gleiche Muster durchlaufen. Die Investoren klammerten sich an alle Daten, die auf eine Abkühlung der Wirtschaft bzw. Inflation hindeuteten, nur um so gleich von restriktiven Kommentaren der Fed wieder eingefangen zu werden. „Es ist ein Katz-und-Maus-Spiel, wobei der Markt der Geldpolitik nicht zu 100 Prozent glaubt, sich jedoch auch nicht komplett gegen sie stellen will.“
DOLLAR GEFRAGT – TECHNOLOGIEWERTE FOLGEN ANLEIHEN INS MINUS
Die Zinssorgen beflügelten den Dollar, der als sicherer Hafen in Krisenzeiten gilt. Der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, gewann 0,3 Prozent auf 103,27 Punkte. Der Euro notierte kaum verändert bei 1,0734 Dollar.
Zugleich flogen Staatsanleihen aus den Depots, die Renditen stiegen. Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihen erhöhte sich auf 2,305 Prozent von 2,214 Prozent am Montag, die ihrer US-Pendants kletterte auf 3,636 Prozent von 3,517 Prozent. Das setzte Technologiewerten zu. Der europäische Branchenindex verlor 0,5 Prozent. Eine steigende Inflation und höhere Zinsen entwerten zukünftige Gewinne dieser wachstumsstarken Firmen.
BAYER DANK PROGNOSE ZU GERINNUNGSHEMMER AN DAX-SPITZE
Bei den Einzelwerten zählte Bayer mit einem Kursplus von vier Prozent auf 53,96 Euro zu den Favoriten. Der Pharma- und Agrarkonzern erhofft sich von seinem neuen Gerinnungshemmer Asundexian kräftigen Rückenwind für sein Pharmageschäft. Bayer hob seine Prognose für das Spitzenumsatzpotenzial seiner vielversprechendsten Blockbuster-Medikamentenkandidaten deutlich an – vor allem dank erwarteter Milliardenumsätze mit Asundexian. Auf insgesamt mehr als zwölf Milliarden Euro schätzt Pharmachef Stefan Oelrich nun das Spitzenumsatzpotenzial seiner vier wichtigsten Wachstumstreiber ein. Bislang erwartete Bayer mehr als fünf Milliarden Euro.
Dagegen brachen die Aktien der belgischen Öltankergruppe Euronav wegen einer aufgekündigten Fusion durch den Rivalen Frontline um 17,7 Prozent auf 12,46 Euro ein. Das Aus des 4,2 Milliarden Dollar schweren Zusammenschlusses ließ Anleger hingegen bei Frontline zugreifen. Die Titel zogen 21 Prozent an. Euronav kündigte an, die einseitige Kündigung der Fusion prüfen zu wollen.
In den USA schickte ein gescheiterter Raumflug die Aktien der Satellitenfirma Virgin Orbit nach unten. Die Titel fielen um gut neun Prozent. Wegen einer technischen Anomalie habe eine Rakete die erforderliche Umlaufbahn nicht erreicht, teilte das Unternehmen mit. Auch die Aktien des Chipherstellers Broadcom standen unter Druck und verloren 3,4 Prozent auf 557,54 Dollar. Die Nachrichtenagentur Bloomberg hatte berichtet, der US-Technologieriese Apple wolle ab Ende 2024 oder Anfang 2025 von Wi-Fi- und Bluetooth-Chips von Broadcom und Qualcomm abrücken und stattdessen eigene Teile verwenden.
Europas Anleger in Deckung – Zinssorgen bleiben
Quelle: Reuters
ScreenShot: Agena Trader 10. Januar 2023 / Lenz + Partner Datenfeed
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