Frankfurt, 30. Aug – An Europas Aktienmärkten nutzen immer mehr Anleger die jüngsten Kursverluste zum Wiedereinstieg. Dax und EuroStoxx50 legten am Dienstag um jeweils rund 1,5 Prozent auf bis zu 13.113 und 3626 Punkte zu. Auch bei den nach oben geschossenen Energiepreisen gab es Entspannungssignale. „Stützend wirkt aktuell die Tatsache, dass sich die Gasspeicher in Deutschland doch schneller füllen als gedacht, was zum einen die Ängste vor einer Knappheit im Winter etwas reduziert und zum anderen für Entspannung bei den Energiepreisen insgesamt sorgen könnte“, sagte Anlagestratege Jürgen Molnar vom Brokerhaus RoboMarkets.
Im Blick behielten Anleger die geplanten Wartungsarbeiten an der Ostsee-Pipeline Nord Stream 1. Der russische Staatskonzern Gazprom hatte angekündigt, die Gaslieferungen deswegen ab dem 31. August für drei Tage zu unterbrechen. Dies hatte in den vorangegangenen Tagen die Befürchtung genährt, der ohnehin schon stark gedrosselte Gasfluss aus Russland könnte komplett versiegen. Vor Beginn der Arbeiten entfernte sich der europäische Erdgas-Future wieder von seinem jüngsten Rekordhoch von 343,08 Euro und gab rund fünf Prozent auf 254,50 Euro je Megawattstunde nach.
Auch beim Strompreis entspannte sich die Lage, nachdem die Furcht vor Gas-Engpässen den deutschen Benchmark-Kontrakt zur Lieferung von einer Megawattstunde im Jahr 2023 zum Wochenauftakt auf den Rekordwert von 1050 Euro pro Megawattstunde getrieben hatte. Gewinnmitnahmen drückten den Preis erneut um mehr als 20 Prozent auf 600 Euro.
Die Energieminister der Europäischen Union (EU) wollen in der kommenden Woche über Möglichkeiten beraten, die drastischen Ausschläge bei den Energiepreisen zu bremsen. Italienische Medien berichteten unter Bezug auf eine Textnachricht des Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck an die europäischen Energieminister, Deutschland sei bereit, einen Preisdeckel beim Gas in Erwägung zu ziehen.
INFLATIONSDATEN IM BLICK
Zunehmend rückten wieder Konjunkturdaten in den Fokus der Anleger. Börsianer erhoffen sich etwa von dem in dieser Woche anstehenden US-Arbeitsmarktbericht Hinweise darauf, ob die weltweit bereits eingepreisten Zinserwartungen gerechtfertig sind. US-Notenbankchef Jerome Powell hatte am Freitag die Finanzmärkte auf eine längere Serie drastischer Zinserhöhungen eingestimmt und damit weltweit die Aktienmärkte auf Talfahrt geschickt.
Damit sei klar geworden, dass die Fed der Inflationsbekämpfung den Vortritt vor dem Schutz des Wirtschaftswachstums samt steigender Aktienkurse gebe, sagte Analyst Jochen Stanzl vom Brokerhaus CMC Markets. „Diese Erkenntnis dürfte den Börsen für die kommenden Monate zumindest mal einen Deckel aufsetzen.“
„EBAY KLEINANZEIGEN“-BETREIBER IM AUFWIND
Bei den Einzelwerten gaben überraschend starke Zahlen beim Umsatz und Ergebnis Adevinta einen kräftigen Schub. Die Aktien des weltgrößten Betreibers von Kleinanzeigen-Portalen stiegen in Oslo in der Spitze um 16 Prozent. „Die Ebitda-Initiativen tragen eindeutig Früchte“, konstatierten die Analysten der Investmentbank Jefferies. Der Betreiber von „Ebay Kleinanzeigen“ und „mobile.de“ profitiere insbesondere von geringeren Marketinginvestitionen und einem strikten Kostenmanagement.
Nach oben ging es auch bei Bank-Aktien, die von der Aussicht auf steigende Zinsen profitierten. Die überwiegende Erwartung einer Zinserhöhung um 0,75 Prozent durch die Europäische Zentralbank bei ihrer Sitzung in der kommenden Woche schob den Branchen-Index um mehr als zwei Prozent an. Eine Reihe von EZB-Vertretern habe sich für Zinserhöhungen ausgesprochen, sagte Commerzbank-Analystin Esther Reichelt. Wichtiger sei allerdings, ob die Märkte der EZB eine deutliche Straffung der Geldpolitik aller Widrigkeiten zum Trotz auch zutrauten.
Europäische Börsen nach Zins-Schock auf Erholungskurs
Quelle: Reuters
Titelfoto: Symbolfoto
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