London, 28. Nov – Die EU will die Abhängigkeit ihres Finanzsektors von britischen Clearing-Häusern im Derivate-Geschäft beenden. Banken und andere Marktteilnehmer sollen künftig den Regulierungsbehörden nachweisen müssen, dass sie bei der Abwicklung von Derivate-Transaktionen nicht übermäßig auf Londoner Clearing-Gesellschaften angewiesen sind, wie aus einem Gesetzesentwurf der EU-Kommission hervorgeht, den die Nachrichtenagentur Reuters einsehen konnte. Danach müssen Marktteilnehmer künftig ein aktives Konto mit einem noch festzulegenden Mindestmaß an Aktivität bei einer Clearing-Stelle in der EU unterhalten. Durch den EU-Austritt Großbritanniens sind neue Vorschriften notwendig geworden. Bisherige Übergangsregelungen laufen am 30. Juni 2025 aus.
Bislang dominieren auch nach dem Brexit weiterhin britische Clearing-Häuser wie das zur Londoner Börse LSE gehörende Clearinghaus LCH das Geschäft mit der Abwicklung von auf Euro lautenden Finanzderivaten. Clearing-Häuser übernehmen eine wichtige Scharnierfunktion in der Finanzwirtschaft: Sie kümmern sich um die Abrechnung und Abwicklung von Wertpapiergeschäften und stehen zwischen Verkäufer und Käufer. Sie sind durch einen Ausfallfonds abgesichert. So soll gewährleistet werden, dass Transaktionen auch dann abgewickelt werden, wenn eine Seite in Konkurs geraten sollte.
Es sei angemessen, von finanziellen sowie nicht-finanziellen Gegenparteien zu verlangen, dass sie direkt oder indirekt Konten mit einem Mindestmaß an Aktivität bei Clearingstellen unterhalten, die in der EU ansässig sind, heißt es in dem Gesetzesentwurf. Das geforderte Mindestmaß an Aktivität soll von der EU-Börsenaufsicht ESMA und anderen Aufsichtsbehörden in der EU festgelegt werden.
Laut dem Entwurf zielt der Schritt unter anderem darauf ab, die Finanzstabilität zu schützen. Übermäßigen Engagements bei einigen wenigen Clearing-Häusern außerhalb der EU soll ein Riegel vorgeschoben werden. „Darüber hinaus sollte die ESMA geeignete Einführungszeiträume für die schrittweise Umsetzung dieser Anforderung angeben“, heißt es in dem Entwurf weiter. Zu der geplanten Regelung sind öffentliche Konsultationen geplant. Überdies soll die ESMA eine Kosten-Nutzen-Analyse erstellen. Vorgesehen ist bisher, dass der Gesetzesentwurf am 7. Dezember veröffentlicht wird. Das EU-Parlament und die Mitgliedsstaaten müssen den Regelungen noch zustimmen.
Große internationale Bankenkonzerne hatten die EU davor gewarnt, bei der Regulierung zu scharf vorzugehen. Zu strenge Vorschriften könnten sich für Banken in der EU schädlich erweisen. Denn diese seien auf einen Zugang zu globalen Liquiditäts-Pools in London angewiesen. Auch könnte ein zu hartes Vorgehen dazu führen, dass Clearing-Geschäfte in die USA abwandern, hatte es geheißen.
EU will Abhängigkeit von Londoner Euro-Clearing verringern
Quelle: Reuters
Symbolfoto: Bild von Moritz D. auf Pixabay
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