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EU-Staaten dürfen auch 2023 hohe Schulden machen – Lindner warnt davor

Brüssel/Berlin, 23. Mai (Reuters) – EU-Staaten werden auch 2023 hohe Schulden machen können. Sie müssen die Obergrenzen zur Neuverschuldung und Gesamtverschuldung erst 2024 wieder einhalten, wie die EU-Kommission am Montag vorschlug. Eine Blockade dagegen ist nicht in Sicht, wohl aber Kritik. Bundesfinanzminister Christian Lindner warnte die EU-Partner, zu viele Schulden zu machen und damit die ohnehin schon hohe Inflation weiter anzuheizen. 

„Man kann abhängig werden von Staatsverschuldung. Und wir müssen die Sucht nach immer mehr Verschuldung beenden – so schnell wie möglich“, sagte der FDP-Vorsitzende in Brüssel vor Beratungen mit den europäischen Finanzministern. Die Bekämpfung der Inflation müsse jetzt Priorität haben. Sie sei eine Gefahr für die Wirtschaft. „Sie kann auch ein Verarmungsprogramm für viele Menschen sein.“ Nötig seien geringere Defizite, weniger Schulden und Subventionen. „Das ist unser Beitrag zur Bekämpfung der Inflation.“ In Deutschland ist die Teuerungsrate im April auf den höchsten Stand seit mehr als 40 Jahren gestiegen.

Die EU-Kommission argumentiert mit der hohen Unsicherheit im Zuge des Krieges in der Ukraine. Spaniens Wirtschaftsministerin Nadia Calvino begrüßte den Vorschlag der Brüsseler Behörde. „Ich denke, dass es positiv ist.“ Österreichs Finanzminister Magnus Brunner äußerte Verständnis. Nach 2023 müsse es aber eine Rückkehr zu nachhaltigeren Budgets in den EU-Staaten geben. Lindner ergänzte, er habe den Vorschlag der Kommission zur Kenntnis genommen. Es gehe jetzt nicht um Blockade, sondern die richtigen Prioritäten. Die jüngsten Wirtschaftsprognosen der Kommission deuteten auf eine Normalisierung hin. Sie hätten andere Schlussfolgerungen erlaubt. 

Eigentlich sollten die Regeln, die die Neuverschuldung von EU-Staaten auf drei Prozent und die Gesamtverschuldung auf 60 Prozent der jeweiligen Wirtschaftsleistung begrenzen, ab 2023 wieder greifen. Sie sind seit 2020 ausgesetzt, um den Ländern im Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie mehr Spielraum zu geben. Der sogenannte Stabilitätspakt soll den Wert des Euro schützen und zu große Unterschiede innerhalb der Währungsunion verhindern. Gegen die Regeln wurde in der Vergangenheit aber immer wieder verstoßen, ohne dass dies spürbare Konsequenzen gehabt hätte. Die südlichen EU-Länder fordern seit längerem eine Reform. 

In ihrer Frühjahresprognose hatte die Brüsseler Behörde zuletzt ihre Wachstumserwartungen nach dem russischen Angriff auf die Ukraine deutlich gestutzt. Für die Euro-Zone wird dieses Jahr nur noch ein Plus von 2,7 statt bisher 4,0 Prozent erwartet. Die konjunkturelle Erholung von der Pandemie fällt also schwächer aus. 

LINDNER WILL SCHULDENBREMSE 2023 UNBEDINGT EINHALTEN 

Lindner sagte, Deutschland werde von der Möglichkeit zu mehr Schulden keinen Gebrauch machen. Die im Grundgesetz verankerte – wegen der Pandemie aber ebenfalls seit 2020 ausgesetzte – Schuldenbremse solle 2023 wieder eingehalten werden. Das kommt bei der Neuverschuldung einer Vollbremsung nahe. 

Die EU-Kommission hatte im März bereits angekündigt, die sogenannte Zwanzigstel-Regel für hoch verschuldete Staaten 2023 nicht anwenden zu wollen. Danach müssen Euro-Länder mit einer Schuldenquote von über 60 Prozent jedes Jahr ein Zwanzigstel der Differenz zwischen 60 Prozent und der tatsächlichen Quote abbauen. Das würde vor allem Griechenland und Italien hart treffen, die die höchsten Schuldenstände haben. Rund um den Globus sind die Schulden in der Corona-Krise nach oben geschossen, so dass ein Abbau um ein Zwanzigstel auch immer anspruchsvoller wird.

In Italien liegt die Schuldenquote mittlerweile bei 160 Prozent und in Griechenland bei mehr als 200 Prozent. Deutschland steht dagegen viel besser da. 2021 lag die Quote bei 69,3 Prozent, sie dürfte dieses Jahr nach Einschätzung der Bundesbank deutlich sinken. Lindner will nach früheren Angaben in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts die Vorgabe von maximal 60 Prozent wieder erfüllen.

EU-Staaten dürfen auch 2023 hohe Schulden machen – Lindner warnt davor

Copyright: (c) Copyright Thomson Reuters 2022

Titelbild Copyright © Laurence Chaperon

Bild Quelle https://www.fdp.de/person/christian-lindner

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