Die Digitalisierung verändert viele Lebensbereiche – darunter auch die Art, wie wir Steuern zahlen. Dabei spielt die ViDA (VAT in The Digital Age, also die Mehrwertsteuer im digitalen Zeitalter) eine wichtige Rolle für Unternehmen. Diese EU-Richtlinie wird jedes Unternehmen betreffen. Dieser Artikel erklärt, warum sich CFOs, Finanzfachleute und Buchhalter mit ihr beschäftigen sollten. Denn die EU-Mehrwertsteuerreform betrifft alle Unternehmen mit Kunden in der EU – manche früher, manche später. Sie gilt auch für Online-Marktplätze oder andere Plattformen, die zwischen Käufern und Verkäufern vermitteln – unabhängig davon, ob sie selbst in der EU tätig sind oder nicht. Firmen, die noch keine elektronischen Rechnungen empfangen oder senden, sollten ihre Prozesse bald umstellen, um die neuen Vorschriften zu erfüllen.
Notwendiges Projekt der EU-Kommission
Die ViDA-Initiative der EU-Kommission modernisiert das bestehende europäische Mehrwertsteuersystem. Es geht um die schnellere und transparentere Übertragung meldepflichtiger Daten (etwa Online-Transaktionen mit Kunden in der EU) nahezu in Echtzeit. So stellt die EU sicher, dass es einen gerechten Prozess zur Erhebung der Umsatzsteuer gibt, der Unternehmen inner- und außerhalb der europäischen Gemeinschaft gleichermaßen fair besteuert. Denn das alte Mehrwertsteuersystem eignet sich nicht mehr für die wachsenden Ansprüche, wenn es beispielsweise um die Regulierung und Erhebung von Umsatzsteuer aus Online-Transaktionen geht. Diese Transaktionsart ist vergleichsweise neu. Das alte Mehrwertsteuersystem ist zudem anfällig für Mehrwertsteuerbetrug, weil erst Monate nach dem Übermitteln der Transaktionsdaten eine Überprüfung stattfindet. Eine so lange Zeitspanne ist prädestiniert für Steuerhinterziehungen. So entgingen den EU-Mitgliedsstaaten im Jahr 2020 Mehrwertsteuereinnahmen in Höhe von rund 99 Milliarden Euro und 61 Milliarden Euro im Jahr 2021. Das zeigt ein Bericht der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2023.
Konkrete Auswirkungen auf Firmen
Die ViDA-Reform betrifft die elektronische Rechnungsstellung samt digitaler Berichterstattung, die einheitliche Mehrwertsteuererklärung für den EU-weiten Handel sowie die Plattformökonomie. Wer aber wirklich verstehen möchte, welche Auswirkungen ViDA auf sein Unternehmen hat, muss sich auf die elementaren Prozesse beziehen: Rechnungsstellung, Berichterstattung, Rechnungsprüfung und Umsatzsteuerregistrierung.
Rechnungsstellung: Die ViDA soll die Verbreitung der elektronischen Rechnungsstellung in der EU so beschleunigen, dass sie die meisten Firmen bis 2028 nutzen. Die jeweiligen Regierungen der Mitgliedstaaten stellen durch entsprechende E-Invoicing-Mandate die schnelle Umsetzung sicher. In Deutschland gelten elektronische Rechnungen im B2B-Bereich ab 2026 als verpflichtend.
Berichterstattung: Die ViDA-Reform sieht die Einführung von Digital Reporting Requirements (DRRs) vor, also digitale Meldepflichten. Wer im innergemeinschaftlichen B2B-Waren- und Dienstleistungsverkehr tätig ist, muss ab 2028 jede Transaktion innerhalb von zwei Werktagen nach Rechnungsstellung digital melden.
Umsatzsteuerregistrierung: Es soll ein einheitliches System für die Umsatzsteuerregistrierung in der EU entstehen. Das eröffnet Firmen, die grenzüberschreitende Geschäfte innerhalb der EU tätigen, die Möglichkeit, alle Umsatzsteuervorschriften über ein einziges Portal in einer einheitlichen Sprache zu erfüllen. Der sogenannte Import-One-Stop-Shop (IOSS) soll die Einhaltung dieser Vorschriften vereinfachen und vereinheitlichen.
Rechnungsprüfung: Bei entsprechender Umsetzung ebnet die ViDA-Initiative den Weg für effizientere und genauere Prüfungen. Durch den Zugriff auf Echtzeit-Transaktionsdaten gelingt es den Steuerbehörden, Steuerbetrug leichter und schneller aufzuklären.
Zeitplan für die ViDA-Einführung und Verzögerungen
Die Einführung erfolgt Schritt für Schritt, die meisten Änderungen passieren zwischen Januar 2025 und Dezember 2027. Es soll – abhängig von Unternehmensgröße und Transaktionsvolumen – zunächst entsprechende Pilotprogramme und Einführungsphasen mit Fristen geben. Ab dem 1. Januar 2025 wird der Import-One-Stop-Shop um unterschiedliche B2C-Warenlieferungen erweitert. Das betrifft zum Beispiel Waren, die eine Installation und Montage erfordern. Die überarbeitete Regelung umfasst auch den grenzüberschreitenden Warenverkehr und macht die Anwendung des IOSS für bestimmte Umsätze verbindlich. Heute ist der Import-One-Stop-Shop für Unternehmen noch freiwillig. Drei Jahre nach der ersten Frist, also am 1. Januar 2028, müssen Firmen alle B2B-Transaktionen innerhalb der EU innerhalb von zwei Geschäftstagen ab Rechnungsdatum melden. Bisher waren 45 Tage Zeit. Ab diesem Datum kommt niemand mehr um die elektronische Rechnungsstellung gemäß EN 16931 für innergemeinschaftliche Warenlieferungen herum.
Es gibt aber ein großes Aber: Der ursprüngliche Zeitplan der ViDA-Umsetzung lässt sich voraussichtlich nicht einhalten. Die Unterzeichnung der Reform erfolgt erst 2024 – zu spät, um die Frist auf 2028 setzen zu können. Denn die Unternehmen benötigen für die Einführung der elektronischen Rechnungsstellung und digitalen Berichterstattung schließlich ausreichend Zeit. Deshalb wird sich die Frist auf 2030 oder 2032 verschieben, wodurch die neuen Fristen für die Umsatzsteuerregistrierung ebenfalls auf wackeligen Beinen stehen. Für Plattformen, die den Verkauf von geringwertigen Gütern in der EU erleichtern, gibt es bereits eine Fiktiver-Liefer-Verordnung. Diese geht davon aus, dass Plattformen selbst die Waren erhalten und weiterleiten. Eine einfache B2C-Lieferung wird dadurch steuerrechtlich in zwei Teile aufgeteilt – vom Verkäufer an die Plattform und von der Plattform an den Käufer.
Die größten ViDA-Vorteile
Für die Einhaltung der ViDA-Anforderungen ist es für Unternehmen einfacher und kostengünstiger, externe Software für die elektronische Rechnungsstellung einzusetzen. Selbst ohne Pflicht hätte ViDA viele Vorteile für Unternehmen, Behörden und die Öffentlichkeit. Die hohen Kosten und Anforderungen mögen auf den ersten Blick abschreckend wirken, doch langfristig profitieren alle von ViDA. Ein weiterer Grund, sich mit einer ganzheitlichen Ausgabenmanagement-Lösung auseinanderzusetzen.
Firmen freuen sich über einheitliche Prozesse und geringere manuelle Aufwände, also über mehr Effizienz. Die Digitalisierung der Mehrwertsteuerprozesse führt zu einer geringeren Fehleranfälligkeit und somit zu erheblichen Kosteneinsparungen. Die Steuerbehörden können künftig in Echtzeit auf Transaktionsdaten zugreifen und profitieren so von mehr Transparenz und Effizienz in ihren Abläufen. Gleichzeitig sinkt das Risiko für Steuerbetrug deutlich. Durch den Anstieg der Mehrwertsteuereinnahmen durch die ViDA-Einführung stehen den Regierungen zusätzliche Mittel für öffentliche Projekte im Straßenbau oder Gesundheitswesen zur Verfügung. So haben alle Steuerzahler etwas von der Initiative.
Autor Thomas Inhelder, Mitgründer & CFO von Yokoy
Thomas Inhelder ist Mitgründer und CFO von Yokoy, einem Anbieter einer KI-gesteuerten Ausgabenmanagement-Plattform für Unternehmen. Vor der Gründung von Yokoy sammelte er in verschiedenen Führungspositionen und als CPA-zertifizierter Finanzprüfer bei KPMG umfangreiche Erfahrungen in der Finanz- und Beratungsbranche sowie in der SaaS-Industrie. Dabei erlebte Inhelder hautnah die Herausforderungen, mit denen Finanzabteilungen konfrontiert sind. Manuelle Prozesse führten immer wieder zu einem hohen Maß an Frustration in seinen Teams. Dies und seine Leidenschaft für die Digitalisierung und Automatisierung von Finanzprozessen und die Vereinfachung des Arbeitsalltags der Mitarbeiter bewegten ihn dazu, Yokoy mitzugründen. Seine Leidenschaft dafür treibt ihn auch heute noch an.
Bilder: Oliver Hochstrasser / www.oliverhochstrasser.ch
Quelle messerPR – Public Relations