Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Fiele die vor zehn Jahren eingeführte Mütterrente wieder weg, würde die Armutsrisikoquote der Rentnerinnen von 19,4 auf 22,3 Prozent steigen. Das zeigt eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) auf Basis von Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP).
Demnach könnte die Bundesregierung jährlich zwar rund 14 Milliarden Euro sparen. Fast neun Millionen Rentnerinnen, die vor 1992 Kinder geboren haben, würden aber durchschnittlich 107 Euro im Monat fehlen. Besonders betroffen wären es Frauen aus den unteren Einkommensgruppen, Frauen mit mehr als drei Kindern und geschiedene Frauen. Rentnerinnen mit mehr als vier Kindern hätten im Schnitt sogar Einkommenseinbußen von rund 15 Prozent, fiele die Mütterrente weg.
„Die Mütterrente rückgängig zu machen ist nicht nur rechtlich fragwürdig, es hätte auch finanziell erhebliche negative Folgen“, sagte Studienautorin Annica Gehlen aus der Abteilung Staat des DIW Berlin. Die unteren Einkommensgruppen würden im Verhältnis deutlich stärker durch einen Wegfall der Mütterrente belastet als die oberen Einkommensgruppen. Die ärmsten 20 Prozent würden über gut acht Prozent weniger Einkommen verfügen. Bei den reichsten 20 Prozent wären es hingegen nur gut ein Prozent weniger Einkommen.
„Die Mütterrente mildert einige Ungleichheiten ab, die vor allem aufgrund von Kindererziehung während der Erwerbsphase entstanden sind“, sagte Gehlen. „Vor allem in Westdeutschland haben die heutigen Rentnerinnen mit der Geburt ihrer Kinder häufig ihre Erwerbstätigkeit unterbrochen und später weniger am Erwerbsleben teilgenommen als nachfolgende Generationen.“ Entsprechend hoch ist auch der geschlechtsspezifische Unterschied bei den Renten (Gender Pension Gap). Mit Abschaffung der Mütterrente würde er von derzeit 32 auf 39 Prozent erheblich steigen, also um gut 20 Prozent.
„Sicherlich ließe sich kurzfristig mit der Abschaffung der Mütterrente Geld sparen. Langfristig sinnvoller wäre es, Ungleichheit und Altersarmutsrisiken schon während der Erwerbsphase anzugehen“, regte Johannes Geyer, stellvertretender Leiter der Abteilung Staat beim DIW, an. Dazu müssten gezielt Maßnahmen für eine höhere Frauenerwerbstätigkeit und eine Stärkung der partnerschaftlichen Aufteilung der Sorgearbeit ergriffen werden. Konkret hieße das, die Kinderbetreuung und Pflegeinfrastruktur auszubauen sowie die Anreize im Steuersystem durch eine Reform des Ehegattensplittings und der Minijobs zu verbessern, so das DIW.
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