Sonntag, Dezember 22, 2024
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Die Werbeindustrie als Steigbügelhalter der Öl-Industrie

Die Werbeindustrie zeichnet die Öffentlichkeit das Bild einer Transformation, die bei den meisten Unternehmen aus der fossilen Industrie nicht ausreichend stattfindet. Inyova, digitale Impact Investing-Plattform, will mit ihrer aktuellen Active Ownership-Kampagne das viertgrößte Werbeunternehmen Publicis dazu bewegen, die Mandate und das Greenwashing der Ölkonzerne aufzugeben. Lesen Sie dazu folgende Pressemitteilung von Inyova:

  • Erste Werbeverbote für fossile Konzerne in Amsterdam und Frankreich
  • Inyova startet neue Active Ownership-Initiative mit Publicis, drittgrößter Werbedienstleister weltweit. Inyova sieht Chance für Publicis, eine Vorreiterrolle einzunehmen
  • Neue App-Features bieten weitreichendes Engagement und intensiven Dialog für die Impact-Investor*innen
  • Ziel ist, die Greenwashing-Möglichkeiten für Unternehmen der fossilen Energiewirtschaft zu verringern, indem die Werbewirtschaft Greenwashing-Kommunikation in der Zukunft nicht mehr unterstützt

„Fossile Brennstoffe sind nicht Teil der Klimalösung, sondern der größte Treiber der Klimakrise“, erklärt Dr. Tillmann Lang, CEO und Mit-Gründer von Inyova, der europaweit führenden digitalen Impact Investing-Plattform. „In der Öffentlichkeit hält sich nach wie vor ein völlig falsches Bild über fossile Brennstoffe, das durch die Werbeindustrie als Steigbügelhalter der Ölkonzerne durch konkrete Einflussnahme und irreführende Kommunikation befeuert wird.“

Um dem entgegenzuwirken, startet Inyova im Dezember seine neue Active Ownership-Initiative, bei der das französische Unternehmen Publicis, das im Inyova-Anlageuniversum vertreten ist, im Fokus steht. „Publicis, mit mehr als 80.000 Mitarbeitenden der drittgrößte Werbedienstleister weltweit, ist in vielen Bereichen ein gut aufgestelltes Unternehmen“, erläutert Andreas von Angerer, Head of Impact bei Inyova. Publicis verfüge beispielsweise über einen hohen Frauenanteil sowohl bei der Gesamtbelegschaft als auch im Aufsichtsrat.

Neben WPP, ebenfalls in der Top 5-Liste der größten Werbeunternehmen, haben sie auch eines der ambitioniertesten Klimaziele der Branche. „Doch leider beinhaltet dieses nicht die sog. ‘beworbenen Emissionen’. Mit ihrer Arbeit für die fossile Industrie helfen sie mit, das Bild einer Transformation der Branche zu zeichnen, die aber überhaupt nicht ausreichend stattfindet. Sie tragen somit indirekt dazu bei, dass wichtige kurzfristige Reduktionsziele ignoriert und damit relevante Kipppunkte überschritten werden könnten.“

Verzerrung der wahrgenommenen Klimaperformance durch Kommunikation

Ein Beispiel ist das Unternehmen TotalEnergies, dessen Rebranding Publicis begleitet hat. Unter dem Claim “Die Energiewirtschaft erfindet sich neu, Total wird zu TotalEnergies“ hat das Unternehmen eine Werbekampagne gestartet, um eine klimapositive Marke zu schaffen. Die Fakten zeigen jedoch, dass 70 % der Investments von TotalEnergies immer noch in Fossile Energie gehen, darunter sogar der Bau der weltweit längsten Rohöl-Pipeline. Prognosen zeigen, dass ihre Ölproduktion in 2023 sogar noch einmal ansteigen soll.

In der Werbung werden aber nahezu ausschließlich grüne Technologien gezeigt und vage Pläne zur CO2-Reduzierung des Geschäftes vermittelt. Solche Werbung hilft dadurch Firmen wie TotalEnergies, sich als Teil der Klimalösung zu positionieren, selbst wenn ihr realwirtschaftliches Verhalten dem wissenschaftlichen Konsens zu einem Lösungsweg nicht entspricht. Diese problematische Rolle von Werbeagenturen haben der Weltklimarat und der UN-Generalsekretär bereits erkannt und konkret benannt. Mit Frankreich und Amsterdam gibt es erste Vorreiter auf diesem Gebiet, welche die Werbung für Ölkonzerne, Verbrennerautos und Privatflüge verboten haben mit dem Ziel, fossilen Unternehmen eine wichtige Plattform zu nehmen. 

Active Ownership als Treiber für positiven Wandel

Nach der erfolgreichen Active Ownership-Initiative im Mai, bei der Inyova offenlegte, dass BMW aufgrund der fehlenden E-Mobilität-Strategie Gefahr läuft, das “Blackberry der Automobilindustrie“ zu werden, nimmt das Impact Investing Start-Up als zweiten Bereich die Medienlandschaft ins Visier. Dadurch, dass die Inyova-Impact-Investor*innen selbst ausgewählte Aktien in ihrem Depot haben, können sie ihre Stimmrechte als Eigentümer*innen bei Publicis ausüben. Inyova hat dafür ein neues Active Ownership App-Feature released, welches die Aktionär*innen nutzen können, um das Engagement mit ihrem Unternehmen zu unterstützen.

Die Impact-Investor*innen erhalten u. a. umfangreiche Informationen über Publicis und ihre Rolle beim Klimabild in der Gesellschaft, sowie die Möglichkeit in den Engagement-Dialog einzutreten bis hin zur Teilnahme an der Abstimmung auf der Publicis-Hauptversammlung. „Weniger Verfügbarkeit von Greenwashing-Möglichkeiten für Unternehmen der fossilen Energiewirtschaft durch ein Nein der Werbewirtschaft zu diesen Industrien könnte den Druck auf diese Unternehmen erhöhen, sich um echte, glaubwürdige Veränderungen zu bemühen“, erklärt von Angerer das Ziel der neuen Active Ownership-Aktivität.

Große Risiken, aber auch Chancen, für Publicis

„Kreatives Talent ist die wichtigste Ressource in der PR- und Werbebranche. Insbesondere die jüngeren Generationen erwarten von ihrem Arbeitgeber gesellschaftlich und sozial vorbildliches Verhalten”, berichtet von Angerer. Laut ihm habe die Publicis Groupe die Möglichkeit, das Risiko eines Reputationsverlustes, das durch die erhöhte Aufmerksamkeit auf Tätigkeiten für Ölkonzerne entsteht und bei der Agentur Edelman bereits eingetreten ist, in eine Chance umzuwandeln: „Und zwar indem sie zur ersten der vier großen Agenturen wird, die klar Nein dazu sagt und somit ihre Attraktivität für die junge Generation von Kreativen massiv erhöht. „

„Als neue Generation von Anleger*innen übernehmen die Inyova-Investor*innen Verantwortung“, führt Dr. Tillmann Lang aus. „Einer der Mechanismen, über den ihre Impact-Investments auf Portfoliounternehmen Einfluss nehmen können, ist die aktive Beteiligung. Dazu zählt der Dialog mit Unternehmen, die sich im Portfolio der Anleger*innen befinden, um den nachhaltigen Wandel gemeinsam konstruktiv zu diskutieren. Wesentlich ist außerdem das Voting, bei dem die Aktionär*innen ihre Stimmrechte bei der Hauptversammlung der Portfoliounternehmen wahrnehmen und damit direkt zentrale Entscheidungen beeinflussen. Wer in passive Fonds und ETFs investiert, hat diese Option der Einflussnahme auf Portfoliounternehmen nur äußerst selten.“ 

Publicis nutzt Chancen aktuell nicht

Generell ist Publicis weniger exponiert hinsichtlich ihrer Umsätze aus der Energiebranche (lediglich 
3 % des Umsatzes). Neben TotalEnergies war Publicis auch für Saudi Aramco tätig. Im aktuellen Jahresbericht zählen sie Abu Dhabi National Oil zu ihren Hauptkunden. Publicis Tochtergesellschaft Sapient wirbt aktiv mit Serviceleistungen, welche durch Personalisierung helfen sollen, an Tankstellen mehr Benzin verkaufen zu können und versprechen konkret 20 – 30 % mehr Umsatz.

Auch Kampagnen für die Automobilindustrie zahlen auf die Darstellung der Hersteller als sogenannte Changemaker ein. „Der Werbespot für Jeep “Nature is in our Nature” zeigt auf sehr bizarre Art und Weise eine vermeintliche Verbindung zur Natur eines Unternehmens, das mit seinen Verbrennermotoren direkt zur Klimakrise und somit auch zum Verlust der Artenvielfalt beiträgt“, kommentiert von Angerer. Publicis zeichnet ebenfalls für die Sustainability-Initiative von Mercedes Benz verantwortlich, in dessen Image-Video die Kernbotschaft darin besteht, dass die Fabriken des Unternehmens 2022 ihren Strom aus Erneuerbarer Energie beziehen. Komplett unterschlagen wird an dieser Stelle, dass mehr als 70 % der Emissionen aus Verbrennungsmotoren in der Nutzungsphase stammen.

Die Werbeindustrie als Steigbügelhalter der Öl-Industrie

Titelfoto: Dr. Tillmann Lang (CEO und Co-Gründer von Inyova)

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