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Die deutsche Außenpolitik soll feministisch werden

Berlin, 17. Sep – Dass Frauen in Machtpositionen für mehr Frieden sorgen, ist nicht länger ein Ansatz, der nur von radikalen Feministinnen vertreten wird. „Wenn Putin eine Frau wäre, dann hätte er diesen verrückten Macho-Krieg … nicht vom Zaun gebrochen“, sagte der damalige britische Premierminister Boris Johnson im Juni in einem ZDF-Interview mit Blick auf den Ukraine-Krieg. Dennoch hat es eine Grüne und weibliche Ministerin gebraucht, um die Interessen der Frauen stärker in den Blickpunkt der Außenpolitik zu rücken. „Es ist volkswirtschaftlicher Irrsinn, keine feministische Außenpolitik zu verfolgen“, sagte Annalena Baerbock auf einer Konferenz zu dem Thema Anfang der Woche in Berlin. Eine solche Politik sei nicht nur dringend notwendig, sondern längst überfällig.

Die schwedische Außenministerin Ann Linde – die nach dem Wahlerfolg des rechten Lagers in Schweden wohl bald ihr Amt verlieren wird – bewertete es bei der Konferenz als „riesigen Erfolg“, dass Deutschland jetzt an Bord sei. Schweden hatte sich 2014 als erstes Land einem solchen Ansatz verpflichtet. Dabei geht es darum, immer auch die Bedürfnisse von Frauen und marginalisierten Gruppen im Blick zu haben, um so eine gerechtere Außenpolitik zu gestalten. Die Idee: Gleichstellung hat einen direkten Einfluss auf die nationale Sicherheit und den wirtschaftlichen Wohlstand eines Landes. „Das ist kein Idealismus, sondern reiner Pragmatismus“, sagte die norwegische Außenministerin Anniken Huitfeldt. So sei etwa klar geworden, dass der Frieden in Konfliktgebieten länger halte, wenn Frauen sich an den Verhandlungen beteiligten.

Baerbock berief sich in ihrer Rede bei der Konferenz auf „drei Rs“ – Rechte, Ressourcen und Repräsentanz. Diese hatte Schweden als Pionier dieses Ansatzes als Pfeiler der feministischen Außenpolitik definiert. Konkret heißt dies laut Baerbock, dass Deutschland sich dafür einsetze, dass Mädchen in Afghanistan Zugang zu Bildung bekommen; dass Projekte, in denen der Schutz von Frauen im Vordergrund steht, gefördert werden und dass das Auswärtige Amt die Vielfalt der deutschen Gesellschaft abbilden müsse. Leitlinien dazu, was genau mit einer deutschen feministischen Außenpolitik gemeint ist, werden derzeit erarbeitet.

EINE GLOBALE ALLIANZ

Es gehe vor allem darum, die Betroffenen mit an den Verhandlungstisch zu bringen, sagte Düzen Tekkal, die Gründerin der Menschenrechtsorganisation Hawar Help, die nach dem Völkermord an den Jesiden entstand. 2014 hatte die Terrormiliz IS eine Vernichtungskampagne gegen die kurdisch sprechende religiöse Minderheit vorangetrieben. Jesidinnen wurden in großen Zahlen vergewaltigt und sexuell versklavt. 

Es gehe nicht um Ideologie, sondern um Realpolitik, betonte Tekkal. „Das Glaubwürdigkeitsproblem entsteht in Europa, wenn wir die Frauen aus Afghanistan oder die Jesidinnen im Stich lassen.“ Die Betroffenen in den politischen Prozessen miteinzubinden, passiere noch viel zu wenig. „Die Frauen wollen nicht bevormundet werden. Die wissen genau, was es zu tun gibt.“

Die Allianz derer, die sich einer feministischen Außenpolitik widmen, hat sich mit Ländern wie Spanien, Mexiko und Ruanda vergrößert. Dennoch sei die deutsche Ankündigung nicht ausreichend, warnte die Schwedin Linde. Die komplette Bundesregierung müsse sich dem Ziel widmen. Doch inwieferen andere Ministerien bei der Gestaltung ihres Budgets, der Verteilung ihrer Posten oder der Setzung ihrer Ziele Frauenrechte aktiv im Blick haben, bleibt zunächst unklar. Das Wirtschaftsministerium verwies auf das Auswärtige Amt. Ein Regierungssprecher teilte jedoch mit, dass die Prinzipien der feministischen Außenpolitik „handlungsleitend für die gesamte Bundesregierung“ seien. 

Und obwohl die Ziele in einer Zeit vorangetrieben werden, in der ein Drittel der Außenministerien der Nato-Staaten von Frauen geleitet werden, „muss man eingestehen, dass es momentan einen Pushback bei den Frauenrechten gibt“, sagte Linde mit Blick auf der Entscheidung des Obersten Gerichtshof der USA, der das Recht auf Abtreibung gekippt hat. Auch Baerbock und ihr Ministerium stellen sich auf Widerstand ein. „Klar ist auch der Gegenwind, der bläst ganz, ganz kräftig und oft in unser Gesicht … aber dieser Gegenwind ist eigentlich Rückenwind, wenn wir ihn gemeinsam nutzen“, schloss sie ermutigt. 

Die deutsche Außenpolitik soll feministisch werden

Quelle: Reuters

Titelfoto: Symbolfoto

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