Ein Gastbeitrag von Rechtsanwältin Angelina Weiskirch, FPS
Neben der Hauptversammlung und dem Vorstand ist der Aufsichtsrat das dritte Organ der Aktiengesellschaft. Seine zentrale Aufgabe ist die Überwachung der Geschäftsführung des Vorstands. Hierdurch wahrt er nicht nur die Interessen der Anteilseigner, er nimmt auch Einfluss auf die strategische Ausrichtung und Entscheidungen des Unternehmens.
Aufgaben, Befugnisse und Haftung des Aufsichtsrats
Zur Ausübung seiner Aufgaben ist der Aufsichtsrat mit umfassenden Rechten und Pflichten ausgestattet, die ihm eine effektive Überwachung der Unternehmensführung ermöglichen. Er ist für die Bestellung und Abberufung sowie den Abschluss und die Beendigung von Anstellungsverträgen der Vorstandsmitglieder zuständig1. Informationsrechte erlauben ihm regelmäßig Berichte des Vorstands über die beabsichtigte Geschäftspolitik und andere grundsätzliche Fragen der Unternehmensplanung, die Rentabilität der Gesellschaft, den Gang der Geschäfte sowie einzelne wichtige Geschäftsvorgänge einzufordern. Wesentliche Geschäfte können zudem von der Zustimmung des Aufsichtsrats abhängig gemacht werden, wodurch der Aufsichtsrat in grundlegenden Entscheidungen mittelbar Einfluss auf die Geschäftsführung nehmen kann.
Die einzelnen Aufsichtsratsmitglieder sind zur kollegialen Wahrnehmung der Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats verpflichtet. Sie handeln eigenverantwortlich und sind weder an Aufträge noch an Weisungen gebunden. Bei der Wahrnehmung Ihrer Aufsichtsratstätigkeit haben sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Aufsichtsratsmitglieds anzuwenden und haften im Falle von Pflichtverletzungen wie der Vorstand.
Zusammensetzung und Wahl des Aufsichtsrats
Die Zusammensetzung des Aufsichtsrats ist gesetzlich normiert und variiert je nach Rechtsform und Größe des Unternehmens zwischen mindestens drei und höchstens einundzwanzig Mitgliedern. Besondere persönliche Qualifikationen verlangt das Gesetz nicht; Engagement, Fachkenntnisse und fundierte Branchenexpertise sind jedoch essentiell für die Wahrnehmung effektiver Aufsichtsratstätigkeit.
Grundsätzlich werden die Mitglieder des Aufsichtsrats von der Hauptversammlung durch einen einfachen Mehrheitsbeschluss für die Dauer von höchstens fünf Jahren gewählt. Ein Aufsichtsratsmitglied kann von der Hauptversammlung mit Dreiviertelmehrheit aber auch jederzeit wieder abberufen werden, ohne dass es eines sachlichen oder gar wichtigen Grundes bedarf.
Unterliegt die Gesellschaft der arbeitsrechtlichen Mitbestimmung, haben die Arbeitnehmer das Recht, über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats mitzubestimmen. Erreicht die Anzahl der beschäftigten Arbeitnehmer eines Unternehmens den Schwellenwert von 500 nach dem DrittelbG bzw. 2.000 nach dem MitbestG muss der Aufsichtsrat zu einem Drittel bzw. zur Hälfte aus Arbeitnehmervertretern bestehen.
Für die Gesellschaft mit beschränkter Haftung gelten diese Grundsätze entsprechend, wenn ein Aufsichtsrat nach dem Aktiengesetz satzungsmäßig gebildet oder gesetzlich vorgeschrieben ist.
Vergütung des Aufsichtsrats
Den Aufsichtsratsmitgliedern kann für ihre Tätigkeit eine Vergütung gewährt werden, die entweder in der Satzung festzusetzen oder von der Hauptversammlung zu bewilligen ist. Die Vergütung des Aufsichtsrats muss angemessen sein, im Übrigen gibt es keine besonderen gesetzlichen Vorgaben für die Ausgestaltung der Aufsichtsratsvergütung. In der Praxis wird oftmals eine fixe Grundvergütung mit variablen Bestandteilen kombiniert, die an den Erfolg des Unternehmens gebunden sind. Bei der Festsetzung der Vergütung ist der Grundsatz der Gleichbehandlung zu beachten, eine Differenzierung nach wahrgenommenen Funktionen und Aufgaben, insbesondere hinsichtlich der Vergütung des Aufsichtsratsvorsitzenden, seines Stellvertreters und Ausschussmitgliedern, ist aber möglich.
Der Aufsichtsrat im europäischen Vergleich
Während in Deutschland ein dualistisches Führungssystem herrscht, bei dem Geschäftsführung und Kontrolle getrennt durch den Vorstand und den Aufsichtsrat wahrgenommen werden, zeigt sich im europäischen Vergleich, dass in vielen Ländern stattdessen auf ein monistisches System gesetzt wird. In monistisch geprägten Unternehmensführungen werden sowohl die strategische Führung als auch Kontrollaufgaben von dem jeweiligen Leitungsorgan selbst wahrgenommen (z.B. Board, Verwaltungsrat). Ein separates Kontrollorgan wie den Aufsichtsrat gibt es nicht.
Fazit
Der Aufsichtsrat spielt eine entscheidende Rolle in der Unternehmensführung und kann maßgeblich zum Erfolg eines Unternehmens beitragen. Vor dem Hintergrund wachsender Herausforderungen ist die Wahl geeigneter Aufsichtsratsmitglieder entscheidend. Ein vielfältiger Aufsichtsrat, der unterschiedliche Perspektiven und Hintergründe einbringt, kann langfristig zu ausgewogeneren Entscheidungen beitragen.
1 MüKoAktG/Habersack AktG § 111 Rn. 1 ff.
2 Koch AktG § 103 Rn. 3; MüKoAktG/Habersack AktG § 103 Rn. 12.
3 Henssler/Strohn/Henssler AktG § 113 Rn. 1
4 Henssler/Strohn/Henssler AktG § 113 Rn. 8 f.
Über die Autorin:
Angelina Weiskirch ist seit 2023 als Rechtsanwältin bei FPS tätig. Sie berät nationale und internationale Unternehmen bei M&A-Transaktionen und im Bereich des Gesellschaftsrechts.
Herzlichen Dank für diesen Gastbeitrag.