Wien/Berlin, 23. Mai (Reuters) – Wegen der hohen Inflation rechnet Bundesbank-Präsident Joachim Nagel mit einem Ende der rund zehn Jahre langen moderaten Lohnpolitik in Deutschland. „Diese Zeit ist jetzt vorbei“, sagte Nagel am Montag bei einer Konferenz der österreichischen Notenbank.
Man werde in der zweiten Jahreshälfte bei den Tarifverhandlungen wohl hohe Zahlen in Deutschland sehen. Es sei aber auch keine Überraschung, dass die Gewerkschaften angesichts der aktuell auf 7,4 Prozent gestiegenen Inflation höhere Löhne und Gehälter forderten. Dies müsse aber nicht unbedingt zu einer Lohn-Preis-Spirale führen.
EZB-Chefin Christine Lagarde hat am Montag ein Ende der Ära der Negativzinsen im Euro-Raum in Aussicht gestellt. Nagel bezeichnete die Äußerungen von Lagarde als richtigen Schritt, um die Unsicherheit zu reduzieren. Es sei extrem wichtig, den Finanzmärkten eine klare Orientierung zu geben. Wenn die Inflation so hoch sei wie derzeit, müssten Zentralbanken der Konjunktur auch die geldpolitische Unterstützung entziehen und – wie in der Euro-Zone – die Zinsen erhöhen, sagte Nagel bei der Notenbank-Veranstaltung.
Nagel hatte jüngst bereits erklärt, nach einer ersten Zinsanhebung der Europäischen Zentralbank im Juli könnten aus seiner Sicht schnell weitere Erhöhungen im Euroraum folgen. „Fest steht, dass Negativzinsen eine Sache der Vergangenheit sind“, hatte Nagel am Freitag zum Abschluss des Treffens der Finanzminister und Notenbankchefs der sieben führenden Industriestaaten (G7) auf dem Petersberg bei Bonn gesagt.
Bundesbank-Chef Nagel – Moderate Lohnpolitik in Deutschlang geht zu Ende
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