Freitag, November 22, 2024
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Bund übernimmt Kontrolle über Rosneft-Raffinerie Schwedt

Berlin, 16. Sep (Reuters) – Der Bund übernimmt die Kontrolle über die ostdeutsche Öl-Raffinerie Schwedt und entmachtet den russischen Betreiber RosneftROSN.MM. „Wir machen uns unabhängiger von Russland“, begründete Bundeskanzler Olaf Scholz am Freitag die Treuhandverwaltung über die deutschen Rosneft-Töchter. Eine Gefahr für die Energie-Sicherheit werde gebannt, ein Grundstein für die Zukunft von Schwedt gelegt. In den Standort und die Region werde nun über eine Milliarde Euro investiert. Man sei auch für einen plötzlichen Stopp der russischen Öl-Lieferungen gewappnet. „Die Arbeitnehmer in Schwedt müssen keine Sorgen haben“, sagte Scholz zudem mit Blick auf Angst vor Job-Verlusten. Bei der Ersatzversorgung für Schwedt mit Öl aus Übersee soll Polen mit dem Hafen Danzig eine wichtige Rolle übernehmen. Der polnische Konzern OrlenPKN.WA hat Insidern zufolge Interesse an einem Einstieg und der Kontrolle über die Raffinerie.

Deutschland will ab Jahresende kein russisches Öl mehr verarbeiten, was aber das Geschäftsmodell von Rosneft ist. Dort endet die Öl-Pipeline Druschba. In den vergangenen Monaten hatte sich eine Arbeitsgruppe der Regierung daher um eine Versorgung von Schwedt mit Öl aus Tankern über Rostock und auch den polnischen Hafen Danzig bemüht. Polen hatte Unterstützung signalisiert, wenn Rosneft in Schwedt nicht mehr das Sagen hat. Rosneft hält einen Mehrheitsanteil von gut 54 Prozent an der PCK Raffinerie, ShellSHEL.L rund 37 Prozent.

Deutschland hat über die Bundesnetzagentur bereits die deutschen Töchter von GazpromROSN.MM unter Treuhandverwaltung gestellt. Grundlage ist auch hier das Energie-Sicherungsgesetz. Neben dem Mehrheitsanteil an Schwedt übernimmt die Netzagentur so auch die Kontrolle über die Rosneft-Minderheitsanteile der Raffinerien MiRo (Karlsruhe) und Bayernoil (Vohburg).

POLEN KOMMT WICHTIGE ROLLE ZU

Die PCK-Raffinerie Schwedt spielt mit seinen gut 3000 direkt und indirekt Beschäftigten für die Versorgung von Ostdeutschland mit Benzin und anderen Raffinerieprodukten eine zentrale Rolle. Auch Teile Westpolens werden ebenso wie der Flughafen Berlin-Brandenburg mitversorgt. „Die Versorgung in Ostdeutschland ist gesichert“, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck angesichts eines möglichen abrupten Endes der Lieferungen. Die Lager in Schwedt und auch der Nachbarraffinerie Leuna seien gefüllt. Regierungskreisen zufolge reichen die Reserven für bis zu 14 Tage, wenn gar kein Öl mehr fließen sollte.

Mit der bestehenden Pipeline vom Hafen Rostock nach Schwedt kann die Raffinerie zu gut 60 Prozent ausgelastet werden. Der Rest des benötigten Öls soll über den polnischen Hafen Danzig und das dortige Pipeline-System nach Deutschland kommen. Das Wirtschaftsministerium räumte allerdings ein, dass die Raffinerie ohne russisches Öl zunächst nicht mit voller Kapazität laufen könne. Laut einem Papier des Ministeriums hofft man auf eine Auslastung von mindestens 75 Prozent. Diesen Anteil will man auch für die Raffinerie Leuna erreichen, die ebenfalls russisches Öl nutzte. Sie hat allerdings bereits ältere Verträge für Lieferungen über Polen und wird auch nicht von Rosneft kontrolliert. Polen war aber nur zur Hilfe bereit, wenn Rosneft keinen Einfluss mehr in Schwedt hat.

Der polnische Orlen-Konzern hat Insidern zufolge ein Interesse an einem Einstieg bei Schwedt und würde gern die Kontrollmehrheit übernehmen, wenn Rosneft seine Anteile abgibt oder dazu gezwungen wird. Die Treuhandverwaltung ist zunächst auf sechs Monate begrenzt. Die Gesetzeslage würde allerdings eine Enteignung erlauben. Dieser Schritt wäre jedoch eine weitere Eskalation und Deutschland müsste mit einem ähnlichen Schritt gegen deutsche Betriebe in Russland rechnen.

Shell als zweitgrößter Anteilseigner will sich eigentlich seit längerem aus der Raffinerie zurückziehen. Interesse hatten VerbioVBKG.DE und Enertrag angemeldet, beide aus der Erneuerbaren-Energien-Branche. Sie wollen Schwedt eine Perspektive geben, wenn auf Öl aus Klimaschutzgründen verzichtet wird.

STELLT RUSSLAND ÖL-LIEFERUNGEN SOFORT EIN?

Der Zeitpunkt der Treuhandverwaltung kommt insofern nicht überraschend, da Russland seine Gas-Lieferungen praktisch komplett eingestellt hat. Damit entfällt ein weiterer Grund für eine Rücksichtnahme. Dennoch ist die Treuhandverwaltung ein weiterer Schritt der Eskalation im Verhältnis zu Russland. In Regierungskreisen hatte es geheißen, auch ein sofortiger Stopp der Öl-Lieferungen müsse in diesem Fall einkalkuliert werden. Die Lage habe sich auch insofern für Deutschland verbessert, da der Rhein nach dem Niedrigwasser wieder besser befahrbar ist und die Raffinerien dort voll produzieren könnten, sagte ein Regierungsvertreter.

Bund übernimmt Kontrolle über Rosneft-Raffinerie Schwedt

Quelle: Reuters

Titelfoto: Symbolfoto

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