London, 14. Sep (Reuters) – Der starke Preisauftrieb in Großbritannien hat erstmals seit fast einem Jahr nachgelassen. Benzin und Diesel verbilligten sich im August, womit die Jahresteuerungsrate auf 9,9 Prozent fiel. Dies teilte das Nationale Statistikamt (ONS) am Mittwoch in London mit. Im Juli hatte die Inflationsrate mit 10,1 Prozent ein 40-Jahres-Hoch erreicht. Von Reuters befragte Ökonomen waren für August von einem weiteren Anstieg auf 10,2 Prozent ausgegangen. Auch wenn der Preisdruck nun erstmals seit September 2021 nachließ, ist der Höhepunkt der Inflationswelle laut Experten wohl noch nicht erreicht. Damit dürfte die Notenbank bei ihrer Zinssitzung kommende Woche unter Zugzwang bleiben.
„Die Bank of England wird weiter an der Zinsschraube drehen müssen“, meint Ökonom Paul Dales vom Analysehaus Capital Economics. Wegen der Trauerphase nach dem Tod der Königin wurde die Zinssitzung von Donnerstag auf den 22. September verschoben. An den Terminmärkten wird auf eine kräftige Anhebung des geldpolitischen Schlüsselzinses um 0,75 Prozentpunkte auf 2,5 Prozent spekuliert. Die Wahrscheinlichkeit dafür wird auf 79 Prozent taxiert. Sollte es so kommen, wäre es die größte Zinserhöhung seit 1989 – abgesehen von einem kurzen Versuch, das Pfund während der Wechselkurs-Krise von 1992 zu stützen.
Die neue Premierministerin Liz Truss hat jüngst einen milliardenschweren Plan zur Bewältigung der Energiekrise vorgestellt. Die Regierung erwartet, dass dieser die Inflation spürbar senken wird. Auch die Ökonomen von UniCredit rechnen damit, dass der Preisauftrieb damit gezügelt wird: „Nach der Ankündigung der Regierung, die Energiepreise für einen typischen Haushalt in den nächsten zwei Jahren auf 2500 Pfund zu begrenzen, erwarten wir nun, dass die Inflation im Oktober dieses Jahres einen Höchststand von 10,7 Prozent erreichen wird, während wir zuvor von einem Höchststand von rund 14 Prozent im Januar 2023 ausgegangen waren.“
Damit dürfte auch etwas Druck von der Bank of England genommen werden, die Zinsen im weiteren Jahresverlauf stark anheben zu müssen. Höhere Zinsen machen Kredite für Investitionen und Konsum teurer, was auf das Wirtschaftswachstum durchschlagen kann. Die Notenbank hatte unlängst gewarnt, Großbritannien drohe gegen Jahresende eine Rezession.
Angesichts stark steigender Energiekosten ist die britische Wirtschaft schon im Juli kaum gewachsen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte nur um 0,2 Prozent zum Vormonat zu. Von Reuters befragte Ökonomen hatten mit einem doppelt so starken Zuwachs gerechnet. Insbesondere das Minus bei der Energie-Erzeugung von 3,4 Prozent lässt Experten zufolge darauf schließen, dass die Kunden ihren Stromverbrauch wegen der galoppierenden Preise verringert haben dürften.
Britische Inflation lässt etwas nach – Notenbank bleibt unter Zugzwang
Quelle: Reuters
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