Donnerstag, November 21, 2024
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Börsen verjagen Zinssorgen – Euro wittert Morgenluft

Frankfurt, 11. Nov – Die Hoffnung auf ein Auslaufen der Zinserhöhungen in den USA hat Europas Börsen zum Wochenausklang aufatmen lassen. „Das Zinsgespenst hat Reißaus genommen“, sagte Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst CMC Markets. Nach einer überraschend stark auf 7,7 Prozent gesunkenen US-Inflation gehen Anleger von einem gedrosselten Zinstempo der Notenbanken aus. „Wenn der Preisauftrieb in den kommenden Monaten weiter an Fahrt verliert – und diese Zukunft preist der Markt jetzt ein – werden sowohl die Europäische Zentralbank als auch die US-Notenbank spätestens im Frühjahr eine Pause im Zinserhöhungszyklus einlegen“, sagte Stanzl. 

Der Dax legte nach seinem Sprung vom Donnerstag von 3,5 Prozent am Freitag weitere 0,6 Prozent auf knapp 14.225 Punkte zu. Auf Wochensicht legte er 5,7 Prozent zu – so viel wie seit acht Monaten nicht mehr. Der EuroStoxx50 zog um 0,6 Prozent auf fast 3871 Zähler an. In den USA drehten die Kurse dagegen nach der Veröffentlichung überraschend schwacher Daten zum Verbrauchervertrauen ins Minus.

Der Euro setzte seinen Kursanstieg fort und notierte mit 1,03 Dollar so hoch wie seit einem Vierteljahr nicht mehr – der Dollar verlor im Gegenzug binnen zwei Tagen so stark an Wert wie seit fast 14 Jahren nicht. John O’Toole von der Fondsgesellschaft Amundi warnte vor allzu großem Zinsoptimismus. Die Reaktion auf die zuletzt unerwartet niedrigen Inflationszahlen in den USA zeige, dass Investoren „ziemlich verzweifelt“ auf gute Nachrichten warteten. „Selbst wenn wir jetzt näher an einem Ende als am Anfang des Zinserhöhungszyklus stehen, heißt das dennoch, dass die Zinsen noch längere Zeit auf einem erhöhten Niveau bleiben werden, und das ist etwas, was die Finanzmärkte nicht in ihrem Ausblick haben.“

STEIGENDER ROHSTOFFAPPETIT AUS CHINA? 

Für Auftrieb an den Börsen sorgte auch, dass China seine strikten Corona-Regelungen etwas lockert. Die Null-Covid-Strategie der vergangenen Monate hatte das Wachstum in China deutlich gebremst. Das ließ Anleger auf eine vermehrte Rohstoffnachfrage aus der Volksrepublik hoffen. Rohöl der Nordseesorte Brent verteuerte sich daher um bis zu 3,5 Prozent auf 96,92 Dollar je Fass (159 Liter). Die ersten Schritte hin zu einer Lockerung hätten den Ölpreisen erlaubt, wieder zu steigen, auch wenn sie mitnichten eine Abkehr von der strikten Null-Covid-Strategie seien, schrieben die Experten der Commerzbank. Kupfer verteuerte sich um bis zu 3,4 Prozent, Zink um bis zu 6,4 Prozent. Die Lockerungen schürten Hoffnungen, dass die Wirtschaft künftig weniger stark in Mitleidenschaft gezogen wird. 

Mit Argusaugen verfolgten Anleger die Entwicklungen um die taumelnde Kryptobörse FTX, die in den USA Gläubigerschutz anmeldete. FTX war in Schieflage geraten, weil Kunden massenhaft Gelder abzogen. Branchenprimus Binance wollte FTX daraufhin übernehmen, machte im letzten Moment aber einen Rückzieher. Der Bitcoin-Kurs lag 8,1 Prozent tiefer bei 16.361 Dollar. „Die Ansteckungsrisiken und die Sorgen vor einer Liquiditätskrise bleiben akut“, sagte Analyst Timo Emden von Emden Research.

KURSFEUERWERK BEI LUXUSMARKEN – RICHEMONT HEBEN AB

Aktienanleger griffen vor allem bei Luxusgüter-Anbietern zu, die ein starkes Geschäft in China haben. Papiere des Gucci-Eigentümers Kering kletterten um bis zu 5,2 und LVMH um 3,7 Prozent. Titel der italienischen Marke Salvatore Ferragamo, dem Hersteller von Luxus-Daunenjacken Moncler und der britischen Luxusmarke Burberry gewannen zwischen 4,9 und 8,8 Prozent. Für Auftrieb sorgten auch starke Zahlen des Richemont-Konzerns. Die Aktien des Herstellers von Cartier-Schmuck hoben in Zürich in der Spitze um mehr als ein Fünftel ab und zogen die Papiere des Konkurrenten Swatch um bis zu 7,6 Prozent nach oben.

Aktien von United Internet stiegen um bis zu 7,6 Prozent. Händler verweisen auf Medienberichte, wonach die Börsenpläne für die Webhosting-Tochter Ionos vorankommen. Die Agentur Bloomberg berichtete, dass Konsortialbanken für den IPO ausgewählt worden seien. Als Bewertung würden rund vier Milliarden Euro angepeilt. „Endlich gibt es Neuigkeiten dazu, das sollte den Aktien von United Internet wieder Schwung geben“, sagte ein Händler. United Internet hatte die Börsenpläne für Ionos im Herbst 2021 öffentlich gemacht.

Börsen verjagen Zinssorgen – Euro wittert Morgenluft

Quelle: Reuters

Titelfoto: Bild von Michael Siebert auf Pixabay

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