Donnerstag, April 25, 2024
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Bargeldzahlung: Einzelhändler sagt Nein Danke

Der Technik-Händler Gravis akzeptiert in seinen Filialen künftig kein Bargeld mehr. Da die Kartenzahlung immer beliebter wird, ist wohl damit zu rechnen, dass andere Einzelhändler diesem Schritt folgen könnten. Bei Gravis war der Anteil von Kunden, die mit Bargeld bezahlt haben, nach eigenen Angaben über die letzten zwei Jahre im niedrigen einstelligen Bereich, was zum Teil sicherlich auch mit der technikaffinen Kundschaft zusammenhängt. Aber nicht nur für Kunden hat die Kartenzahlung Vorteile, auch für die Händler ist die Kartenzahlung vorteilhaft. 

Kartenzahlung vereinfacht die Prozesse, ist für die Händler sicherer, da nicht große Mengen Bargeld zur Bank transportiert werden müssen, und ist kostengünstiger, da Kostenpunkte wie das Geldzählen, die Überprüfung auf Falschgeld, die Verluste durch die eventuelle Annahme von Falschgeld und das Austauschen beschädigter Scheine sowie die Beschaffung von gestückeltem Wechselgeld wegfallen. Dadurch können dem Händler Kosten im Bereich zwischen ein und zwei Prozent entstehen. Für bargeldloses Bezahlen hingegen fallen zwischen 0,3 Prozent bei einer Zahlung mit Girokarten und 1,4 Prozent bei der Zahlung mit Visa- oder Master-Kreditkarten an.

Sind Einzelhändler aber trotz dieser Vorteile weiterhin rechtlich verpflichtet Bargeld anzunehmen, oder dürfen sie tatsächlich die Annahme von Bargeld verweigern und nur noch die Zahlung durch andere Zahlungsmittel wie die Karte zulassen? 

Grundsätzlich besteht eine rechtliche Pflicht, Bargeld zur Erfüllung von Geldschulden anzunehmen. Diese Pflicht ergibt sich aus § 14 Abs. 1 S. 2 BbankG, nach dem Euro-Banknoten das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel ist. Von diesem Grundsatz wird lediglich durch § 3 Abs. 1 S. 2 MünzG eine Ausnahme gemacht: Daraus folgt, dass niemand mehr als 50 Münzen für eine einzige Zahlung annehmen muss. 

Eine weitere Ausnahme von dem Grundsatz der Annahmepflicht von Bargeld wird in zwei bestimmten Fällen gemacht: Zum einen muss ein Händler kein Bargeld annehmen, wenn er nachweislich nicht genug Wechselgeld vorrätig hat. Zum anderen kann die Bargeldannahme verweigert werden, wenn der Wert der verwendeten Banknote im Verhältnis zu dem zu bezahlenden Preis unverhältnismäßig hoch ist, also z.B. ein Betrag von 5 Euro mit einem 500 Euro Schein bezahlt werden soll.

Diese Pflicht bezieht sich allerdings nur auf den Fall, dass bereits eine Geldschuld entstanden ist, die beglichen werden muss. Das ist aber erst nach Vertragsschluss der Fall. Vor Vertragsschluss hingegen kann noch vereinbart werden, dass die Barzahlung als Zahlungsmittel ausgeschlossen wird. Die Möglichkeit, einen solchen Ausschluss zu vereinbaren ist verfassungsrechtlich durch die Vertragsfreiheit geschützt und ist auch mit der Annahmepflicht von Bargeld nach § 14 Abs. 1 S. 2 BbankG vereinbar. Ein solcher vertraglicher Ausschluss von Bargeld als zulässiges Zahlungsmittel für die Begleichung der Geldschuld erfolgt in aller Regel durch allgemeine Geschäftsbedingungen. 

Dabei ist erforderlich, dass der Kunde vor Abschluss des Vertrages deutlich darauf hingewiesen wird, dass die Zahlung mit Bargeld nicht akzeptiert wird. Der Händler muss also durch ein eindeutiges, gut verständliches und gut sichtbares Schild vor Vertragsschluss, also bereits an der Tür oder spätestens an der Kasse, darauf hinweisen, dass kein Bargeld als Zahlungsmittel angenommen wird. Dann wird diese Regelung als allgemeine Geschäftsbedingung zum Vertragsbestandteil und der Händler kann tatsächlich die Annahme von Bargeld zur Begleichung der entstandenen Geldforderung verweigern.

Dabei kann der Kunde selbstverständlich nicht gezwungen werden, einen Vertrag abzuschließen, bei dem er den Kaufpreis bargeldlos zu entrichten hat. Entsprechend kann aber auch der Händler entscheiden, mit allen Kunden, die lediglich mit Bargeld bezahlen wollen und nicht bereit sind den entsprechenden Betrag über ein anderes Zahlungsmittel zu entrichten, nicht kontrahieren zu wollen. Kunden, die nicht bereit sind, ein anderes Zahlungsmittel zu verwenden, sind darauf verwiesen, zu einem anderen Händler zu gehen.

Auf europäischer Ebene haben sich die EU-Kommission und die Europäische Zentralbank zu einer möglichen Annahmepflicht geäußert, dabei aber nur recht allgemeine und wenig differenziert nicht rechtsverbindliche Empfehlungen ausgesprochen. Auch die EU-Kommission lässt in Nr. 1. a) ihrer Empfehlung vom 22. März 2010 über den Geltungsbereich und die Auswirkungen des Status der Euro-Banknoten und -Münzen als gesetzliches Zahlungsmittel (2010/191/EU) die Möglichkeit zu, vertraglich die Barzahlung als Zahlungsmittel auszuschließen: „Sofern sich die Parteien nicht auf andere Zahlungsmittel geeinigt haben, ist der Empfänger einer Zahlungsverpflichtung nicht befugt, eine Zahlung mit Euro-Banknoten und -Münzen abzulehnen“. Entsprechend äußert sich auch die Europäische Zentralbank mit Bezug auf die Empfehlung der EU-Kommission (https://www.ecb.europa.eu/euro/cash_strategy/html/cash-faq.de.html).

Insgesamt ist also festzuhalten, dass es den Händlern rechtlich gestattet ist, die Bargeldzahlung vollständig auszuschließen, solange sie ausreichend deutlich und sichtbar vor Vertragsschluss darauf hinweisen, dass sie Bargeld nicht als Zahlungsmittel annehmen.

Autor

Dr. Christian Conreder ist Rechtsanwalt und Partner bei Rödl & Partner und leitet den Bereich Kapitalanlagerecht. Der Schwerpunkt seiner anwaltlichen Tätigkeit liegt im Bank- und Kapitalmarktrecht, namentlich in den Bereichen des Kapitalanlagerechts. Weiterhin ist er auf das Zahlungsverkehrsrecht spezialisiert.

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder

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