München, 17. Jan (Reuters) – Der nordostdeutsche Arzneimittel-Hersteller Cheplapharm steht vor einem voraussichtlich milliardenschweren Börsengang. Das Familienunternehmen aus Greifswald will in den nächsten Wochen 750 Millionen Euro mit der Platzierung neuer Aktien einnehmen, wie Cheplapharm am Montag mitteilte.
Darüber hinaus wollen die Eigentümer, die Geschwister Sebastian Braun und Bianca Juha, Aktien verkaufen. Der Börsenaspirant will damit den Kauf weiterer Pharmaprodukte finanzieren und einen Teil seiner 2,45 Milliarden Euro Schulden zurückzahlen.
Cheplapharm betreibt keine eigene Arzneimittel-Forschung, sondern hat sich in 25 Jahren für mehr als drei Milliarden Euro ein Portfolio von mehr als 100 am Markt eingeführten Produkten zusammengekauft, deren Patentschutz ausgelaufen ist.
Cheplapharm ist der ersten Börsengang des Jahres an der Frankfurter Börse. Die Erstnotiz ist nach dem üblichen Zeitplan für Februar zu erwarten, das Unternehmen legt sich nur auf das erste Quartal fest. Organisiert wird die Neuemission von den Investmentbanken Credit Suisse, Deutsche Bank und JPMorgan.
Eigentlich hatte Cheplapharm den Gang an den Aktienmarkt bereits für den Herbst 2021 angepeilt, wegen der wackligen Börsen hatten sich die Pläne aber verzögert. Nun soll Cheplapharm als „Eisbrecher“ für das Börsengangsjahr 2022 dienen, in dem eine Vielzahl von Emissionen erwartet wird.
Zu den größten könnten der Prothesenhersteller Ottobock und das Stellenanzeigen-Portal von Springer, Stepstone, gehören. Einschließlich Schulden könnte Cheplapharm mit rund zehn Milliarden Euro bewertet werden, wie Insider zu Reuters sagten.
Cheplapharm erwirtschaftet durch den Verzicht auf eigene Forschung hohe Margen. In den ersten neun Monaten 2021 lag der Umsatz mit 793 Millionen Euro 60 Prozent über Vorjahr, bis zum Jahresende dürfte daraus mehr als eine Milliarde (2020: 640 Millionen) Euro geworden sein. Das operative Ergebnis (Ebitda) lag nach neun Monaten bei 481 Millionen Euro. Produktion und Vertrieb hat Cheplapharm an andere Unternehmen ausgelagert.
Allein im vergangenen Jahr übernahm Cheplapharm Produkte für 920 Millionen Euro, darunter ein Portfolio von Mitteln gegen Herz-Kreislauf- und Stoffwechsel-Erkrankungen des japanischen Pharmakonzerns Takeda.
„Wir glauben, dass wir der Partner der Wahl für führende globale Pharmaunternehmen sind, die sich von patentfreien pharmazeutischen Produkten trennen wollen“, sagte Co-Vorstandschef Braun. Auch 2022 soll die Einkaufstour bei Arzneimittelkonzernen wie AstraZeneca, Novartis, Roche oder Sanofi weitergehen. Die Übernahme weiterer Assets für mehr als 1,8 Milliarden Euro würden „kurzfristig geprüft“, teilte Cheplapharm mit.
Arzneifirma Cheplapharm soll mit Börsengang „Eisbrecher“ werden
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