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Analyse: Lufthansas erhoffte Italien-Tochter – ein Problemkind?

Frankfurt, 18. Jan – Die Airline-Familie der Lufthansa könnte bald Zuwachs bekommen: Nach viel Hin und Her steht der Konzern vor dem Einstieg bei der staatlichen italienischen ITA Airways, seit Oktober 2021 Nachfolgerin der notorisch defizitären Alitalia. Am Mittwoch gab die Airline eine Offerte für den Kauf eines Minderheitsanteils ab. Die Lufthansa könnte nach langer Vorgeschichte ans Ziel kommen: Alitalia machte sie schon 2007 Avancen, doch die Furcht vor einem Verlust bringenden Klotz am Bein hielt sie damals von der Übernahme auf ihrem wichtigsten europäischen Auslandsmarkt ab. Anderthalb Jahrzehnte später ist aus Alitalia die schlankere ITA geworden. Eine Wende in der langen Verlusthistorie der Airline bezweifeln Branchenkenner aber. „Wir glauben, das Risiko ist groß, dass ITA in den ersten Jahren eine andauernde Enttäuschung für Lufthansa ist“, warnt Ruxandra Haradau-Döser, Analystin von Kepler Cheuvreux.

„Der Markt in Italien ist extrem schwierig“, erklärt die Luftfahrtexpertin. ITA habe während der Corona-Krise im Europa-Geschäft noch mehr Marktanteile gegen die Billigflieger Ryanair, Wizz und Easyjet verloren. An ihrem eigenen Drehkreuz in Rom-Fiumicino betreibe sie nur knapp 30 Prozent der Flüge, für Profitabilität müsse eine Airline an ihrem Haupt-Knotenpunkte aber mindestens 50 Prozent beherrschen. Und im Langstreckengeschäft habe ITA auf Transatlantik-Routen nur ein Prozent, nach Lateinamerika zwei Prozent Marktanteil. „Die Lufthansa peilt an, das Langstreckengeschäft mit Afrika und Lateinamerika von Italien aus auszubauen – das wird nicht leicht“, ergänzt sie.

In Italien seien Langstreckenflüge mit Geschäftsreisenden ein sehr profitabler Markt, hebt Johannes Braun, Analyst von Stifel Research hingegen als größten Vorteil für die Lufthansa hervor. Mit Zubringerflügen von ITA an die Lufthansa-Drehkreuze München oder Frankfurt wäre das durchaus gewinnbringend für die Lufthansa. Die Verstärkung des Drehkreuzes Rom, ein wichtiges Thema in Italien, hält auch sein Kollege Alex Irving von Bernstein Research nicht für notwendig. Mit fünf Drehkreuzen in Frankfurt, München, Wien, Zürich und Brüssel brauche die Lufthansa kein weiteres. In Rom könnten die Routen nach Südamerika oder Afrika aber ausgebaut werden. Andrea Giuricin, Luftfahrtexperte an der Mailänder Universität Bicocca, warnt vor einer längeren Durststrecke: „Kurzfristig würde die Lufthansa womöglich Geld verlieren, auf längere Sicht könnten die Erträge bei einem Ausbau des Drehkreuzes Rom aber wachsen“, sagt Giuricin. „Es ist eine harte Herausforderung.“ 

MINDERHEIT ODER MEHRHEIT

Die Lufthansa könnte bei einem erfolgreichem Kauf eines Minderheitsanteils von 40 Prozent, der sie Insidern zufolge 200 bis 300 Millionen Euro kosten würde, auf längere Sicht die Mehrheit übernehmen. Nach Ansicht von Haradau-Döser und Braun wäre es ratsam, sich damit wegen absehbar schwacher Zahlen von ITA Zeit zu lassen. „Das Risiko wäre durch einen Minderheitsanteil zunächst auf ein vertretbares Niveau begrenzt“, sagt Stifel-Analyst Braun. Im ersten Jahr ihres Bestehens machte die Airline 170 Millionen Euro Verlust. Laut ITA-Chef Fabio Lazzerini übertraf der Umsatz zuletzt die Kosten. 

Bei ITA sei eine weitere Restrukturierung notwendig, um wettbewerbsfähiger zu werden, gibt Bernstein-Analyst Irving zu bedenken. Die Airline ging nur mit rund 50 Flugzeugen und 2800 Beschäftigten 2021 an den Start, während Alitalia zuvor über 10.000 Mitarbeitende und eine Flotte von 110 Maschinen hatte. ITAs Wachstumsplan sieht vor, bis 2025 zu alter Flottengröße zurückzufinden und einem Teil der rund 7000 in Arbeitslosigkeit Entlassenen neue Chancen zu geben. Bis 2025 soll die Belegschaft nach bisherigem Plan auf bis zu 5700 Menschen wachsen.

Um mehr Effizienz zu erreichen, bräuchte die Lufthansa volle operative Kontrolle mit einem Mehrheitsanteil, erklärt Irving. „Wandel umzusetzen ist wichtig.“ Dass die Lufthansa ITA auf Kostendisziplin trimmt, ist nach Einschätzung von Kepler-Expertin Haradau-Döser allerdings fraglich. Die 2009 gekaufte Austrian Airlines und die belgische Brussels Airlines, 2016 komplett übernommen nach dem Einstieg 2008, seien nicht nachhaltig profitabel. „Die Lufthansa hat keinen guten Track Record, Tochterunternehmen zu restrukturieren.“

Analyse: Lufthansas erhoffte Italien-Tochter – ein Problemkind?

Quelle: Reuters

Symbolfoto: Bild von Wälz auf Pixabay

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