Samstag, Mai 4, 2024
StartBörseSchlussberichtAbgedrehte russische Gas-Pipeline lässt Börsen abrutschen

Abgedrehte russische Gas-Pipeline lässt Börsen abrutschen

Frankfurt, 05. Sep – Die Furcht vor einer Rezession in Europa infolge der gestoppten russischen Gaslieferungen hat zum Wochenstart hektische Verkäufe an den heimischen Aktienmärkten ausgelöst. „Die Angst vor einer Lehman-artigen Krise im europäischen Energiesektor wächst“, sagte Analyst Jochen Stanzl vom Online-Broker CMC Markets. In der Spitze fiel der Dax am Montag um mehr als drei Prozent auf 12.617 Punkte. Im Handelsverlauf grenzte der deutsche Leitindex die Verluste aber wieder ein und ging 2,2 Prozent niedriger mit 12.761 Zählern aus dem Handel. 

An anderen europäischen Aktienmärkten fiel die Reaktion auf den erneuten Lieferstopp russischen Erdgases durch die wichtige Pipeline Nord Stream 1 nicht ganz so drastisch aus. Der EuroStoxx50 ging 1,5 Prozent tiefer bei 3490 Punkten aus dem Handel. Die Wall Street blieb wegen eines Feiertags geschlossen.

Unterdessen rutschte der Euro das erste Mal seit zwanzig Jahren unter 99 Cent. Eine rasche Lösung der Energiekrise sei nicht in Sicht, warnte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade. Daher drohe Europa ein wirtschaftliches Desaster.

Gazprom hatte am Freitag nach Börsenschluss mitgeteilt, bis auf weiteres kein Gas über die Ostseepipeline Nord Stream 1 nach Deutschland und in andere europäische Staaten zu liefern. Als Grund führte der staatliche russische Energieriese an, dass bei Wartungsarbeiten ein Öl-Leck entdeckt worden sei. Die Bundesnetzagentur als Regulierungsbehörde und Siemens Energy als Lieferant von Pipeline-Technik widersprachen dieser Darstellung.

Angesichts des zugedrehten Gashahns schoss der europäische Erdgas-Future zeitweise um mehr als ein Drittel auf 284 Euro je Megawattstunde. 

OPEC+ KÜRZT FÖRDERMENGEN

Auch am Rohölmarkt griffen Anleger zu. Ab Oktober will die Opec+ ihre Förderquoten um 100.000 Barrel pro Tag reduzieren, hieß es am Montag nach einem Treffen. Die Sorte Brent aus der Nordsee verteuerte sich in der Spitze um mehr als vier Prozent auf 96,99 Dollar je Barrel, nachdem sie in den vorangegangenen drei Monaten wegen wieder aufgeflammter Rezessionsängste zeitweise mehr als 20 Prozent verloren hatte.

„Es ist vor allem eine symbolische Botschaft, die die Gruppe an die Märkte senden will“, konstatierte Oanda-Analyst Craig Erlam nach der Entscheidung. Der führende Opec-Produzent Saudi-Arabien hatte im vergangenen Monat bereits angedeutet, dem seiner Ansicht nach übertriebenen Ölpreisverfall könnte mit Produktionskürzungen entgegengewirkt werden. 

WIE REAGIERT DIE EZB?

Unterdessen rätselten Börsianer, ob und wie die aktuelle Lage sich auf die Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag auswirkt. Die EZB orientiere sich inzwischen stärker an der tatsächlichen Inflation statt an den Erwartungen, sagte Anlagestratege Antoine Bouvet von der ING Bank. Gleichzeitig werteten Investoren die geplanten Entlastungspakete von Bundesregierung und anderen europäischen Staaten für Energieverbraucher als Möglichkeit für die EZB, die Zinsen weiter anheben zu können. Derzeit rechnen sie mehrheitlich mit einem Zinsschritt von 0,75 Prozentpunkten.

Im Vorfeld des Zinsentscheids flogen erneut Staatsanleihen aus den Depots. Den Ausverkauf bei Anleihen führte am Montag Italien an. Im Gegenzug zogen die Renditen zehnjähriger italienscher Staatsanleihen auf bis zu 3,984 Prozent und näherten sich damit wieder dem vergangene Woche erreichten Zwei-Monats-Hoch von mehr als vier Prozent. 

UNIPER ERNEUT AUF TALFAHRT

Bei den Einzelwerten fielen die Aktien des wegen ausbleibender russischer Lieferungen bereits in Schieflage geratenen Gasversorgers Uniper in der Spitze um rund 13 Prozent auf ein Rekordtief von 4,91 Euro. Da sich das Unternehmen kurzfristig aus anderen Quellen mit Erdgas eindecken müsse, summierten sich die Verluste bei den aktuellen Preisen auf 100 Millionen Euro pro Tag, rechneten die Analysten der Bank Credit Suisse vor. 

Die Energiekonzerne E.ON und RWE konnten dagegen ihre anfänglichen Kursverluste wieder wett machen. Die geplante Abschöpfung von sogenannten Zufallsgewinnen von Energiefirmen werde E.ON nicht so stark treffen, sagte ein Händler. Zudem deute vieles auf eine Verlängerung des Atomkraftwerk Isar 2 hin. Durch die Hilfen für Haushalte werde auch das Ausfallrisiko geringer. 

Abgedrehte russische Gas-Pipeline lässt Börsen abrutschen

Quelle: Reuters

Titelfoto: Symbolfoto

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