Berlin (dts Nachrichtenagentur) – In einem offenen Brief fordern Islam-Experten und Politiker eine Wiedereinsetzung des „Expertenkreises Politischer Islamismus“. Das berichtet die „Welt“.
Der Expertenkreis war 2022 von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) aufgelöst worden, als Begründung wurde den Mitgliedern mitgeteilt, dass man für eine Verstetigung des für ein Jahr geplanten Gremiums keinen Bedarf sehe und eine weitergehende Institutionalisierung nicht vorgesehen sei. Zu den Unterzeichnern des Briefs gehören die Islamismus-Expertin Susanne Schröter und Migrationsforscher Ruud Koopmans, die dem damaligen Expertenkreis angehörten, der unter dem früheren Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) 2021 eingesetzt worden war. Auch unterzeichnet ist das Schreiben unter anderem von dem Innenpolitiker Christoph de Vries (CDU), von dem damals die Initiative eines Expertenkreises zu Islamismus ausging, von dem Psychologen Ahmad Mansour und der Berlin-Neuköllner Integrationsbeauftragten Güner Balci. „Wir, die dieses Statement unterschrieben haben, sind jederzeit bereit, uns dieser Aufgabe zu stellen. Unsere Erreichbarkeiten sind den zuständigen staatlichen Stellen bekannt. Ein Anruf genügt“, heißt es in dem Brief.
Ausgangspunkt des Briefes ist der am Samstag begonnene Großangriff der Hamas gegen Israel. „Seit vergangenen Samstag haben wir erneut einen solchen Moment, der alles erfordert, nur kein Schweigen“, so die Unterzeichner.
Die Bilder und Meldungen aus Israel seien „zutiefst erschütternd“ und zeigten das „Ausmaß der Brutalität des palästinensischen Terrorismus“. In Deutschland hätten sich „mitten in diese medialen Schreckensbilder“ zahlreiche Bilder und Videos dazu gesellt, „in denen Menschen sich nicht nur mit dem Angriff der Hamas solidarisieren, sondern sich in regelrechten Freudentänzen zu verlieren scheinen und die Ermordung und Verschleppung Unschuldiger mit Süßspeisen feiern“. Das „Schweigen“ und „die Relativierung“ seitens islamischer Verbände wird im Brief als „beschämend und bedenklich“ kritisiert. „Es ist nicht nur an der Zeit, sondern längst überfällig, dass wir uns in Deutschland der Realität stellen; nämlich, dass seit Jahren arabisch und türkisch geprägter Antisemitismus zunimmt und der Hass auf Israel in einem Ausmaß geschürt wird, dass er das friedliche Zusammenleben in unserer Gesellschaft gefährdet.“
Die Islamwissenschaftlerin Susanne Schröter sagte der Zeitung: „Antisemitismus und Hass auf Israel wird von der deutschen Politik gern ausgeblendet, wenn er von Muslimen kommt. Das führt regelmäßig zu Aufmärschen, auf denen islamistische Terrorunterstützer `Tod den Juden` skandieren oder barbarische Angriffe auf jüdische Menschen feiern.“ Beschämend seien auch „die Relativierungen oder gar eine Täter-Opfer-Umkehr seitens islamischer Verbandsfunktionäre. Die deutsche Islampolitik hat es nicht vermocht, hier gegenzusteuern. Sie ist vollkommen gescheitert und muss auf eine neue Grundlage gestellt werden“, kritisiert Schröter.
CDU-Innenpolitiker de Vries sagte der „Welt“, dass das Schweigen islamischer Verbände „zum blutigen Hamas-Terror in Israel“ und zu den „abstoßenden Jubelszenen“ in Berlin und anderen deutschen Städten „beschämend, aber zugleich auch bezeichnend“ sei. „Die Wahrheit ist, mit dem fortschreitenden Islamismus ist auch der muslimische Antisemitismus in Deutschland seit Jahren auf dem Vormarsch.“ De Vries weiter: „Die gesamte Bundesregierung mit Innenministerin Faeser an der Spitze haben davor nicht nur beide Augen verschlossen, sondern zugelassen, dass namhafte Wissenschaftler und Experten, die das Problem benennen, als islamophob diffamiert werden. Wir brauchen eine Zeitenwende im Umgang mit türkischem und arabischem Antisemitismus und Islamismus.“
Der Expertenkreis müsse „umgehend“ als Beratergremium „wieder installiert“ werden. Auch „die Zusammenarbeit mit Vereinen und Verbänden in der deutschen Islamkonferenz, die sich nicht uneingeschränkt von Juden- und Israelhass distanzieren“, gehören auf den Prüfstand, so der Bundestagsabgeordnete.
Foto: Gläubige Muslime beim Gebet in einer Moschee (Archiv), über dts Nachrichtenagentur
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