Wiesbaden (dts Nachrichtenagentur) – Das Finanzierungsdefizit des Staates hat im 1. Halbjahr 2023 bei 42,1 Milliarden Euro gelegen. Somit war das staatliche Defizit um 37,6 Milliarden Euro höher als noch im 1. Halbjahr 2022, teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) am Freitag mit.
Gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) in jeweiligen Preisen errechnet sich für das 1. Halbjahr 2023 eine Defizitquote von 2,1 Prozent. Das Finanzierungsdefizit des Staates ergibt sich aus der Differenz zwischen Einnahmen in Höhe von 917,2 Milliarden Euro und Ausgaben in Höhe von 959,3 Milliarden Euro. Der Anstieg des Finanzierungsdefizits im 1. Halbjahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr beruht insbesondere auf einem starken Anstieg der Ausgaben um 7,7 Prozent bei einem vergleichsweise geringen Anstieg der Einnahmen um 3,5 Prozent. Den größten Anteil am gesamtstaatlichen Finanzierungsdefizit hatte im 1. Halbjahr 2023 wie bereits im Vorjahreszeitraum der Bund.
So war das Finanzierungsdefizit des Bundes mit 39,2 Milliarden Euro um 3,0 Milliarden Euro höher als im 1. Halbjahr 2022. Zum Anstieg des gesamtstaatlichen Finanzierungsdefizits trugen ferner die Defizite der Länder (3,1 Milliarden Euro) und der Gemeinden (6,8 Milliarden Euro) bei. Im 1. Halbjahr 2022 hatten die Länder und Gemeinden dagegen auch aufgrund hoher Transfers des Bundes noch Finanzierungsüberschüsse erzielt (18,2 bzw. 5,8 Milliarden Euro). Die Sozialversicherung verzeichnete im 1. Halbjahr 2023 einen Überschuss von 7,0 Milliarden Euro, der damit um 0,7 Milliarden geringer war als im 1. Halbjahr 2022.
Die Steuereinnahmen gingen im 1. Halbjahr 2023 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um insgesamt 0,3 Prozent zurück. Während bei der Mehrwertsteuer ein leichter Zuwachs um 0,5 Prozent verzeichnet wurde, sanken die Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer infolge spürbarer Kaufzurückhaltung bei Grundstücken und Immobilien um 33,5 Prozent. Dies dürfte vor allem eine Folge zunehmend schlechterer Finanzierungsbedingungen und steigender Baukosten sein, so die Statistiker. Die Einnahmen aus Einkommensteuern sanken im 1. Halbjahr 2023 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 0,8 Prozent, was unter anderem auf den im Inflationsausgleichsgesetz geregelten erhöhten Grundfreibetrag zum 1. Januar 2023 zurückzuführen ist.
Die Sozialbeiträge erhöhten sich dagegen um 6,5 Prozent, unter anderem aufgrund der weiterhin robusten Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, der Anhebung der Beitragsbemessungsgrenzen und der Erhöhung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung um 0,2 Prozentpunkte zum Jahresanfang 2023. Der starke Anstieg der staatlichen Ausgaben stand vor allem im Zusammenhang mit den „Entlastungspaketen“ der Bundesregierung als Reaktion auf die starke Inflation und die hohen Energiepreise. So führten die Gas- und Wärmepreisbremse, die Strompreisbremse sowie die damit in Verbindung stehenden Härtefallregelungen für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen im 1. Halbjahr 2023 zu einem starken Anstieg der Subventionen um 45,7 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Neben der Reform des Wohngeldes sowie der Erhöhung des Kindergeldes bewirkten vor allem Mehrausgaben beim Bürgergeld und der gesetzlichen Rente eine Zunahme der monetären Sozialleistungen um 7,3 Prozent.
Die zum Jahresbeginn 2023 in Kraft getretene Reform der Bundesförderung für effiziente Gebäude trug zum Anstieg der Investitionszuschüsse um 32,8 Prozent bei. Die Zinsausgaben des Staates stiegen im 1. Halbjahr 2023 gegenüber dem 1. Halbjahr 2022 um 38,0 Prozent. Bei den Ergebnissen handelt es sich um Daten in der Abgrenzung des Europäischen Systems Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG) 2010. Sie bilden die Grundlage für die Überwachung der Haushaltslage in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) nach dem Stabilitäts- und Wachstumspakt (Maastricht-Kriterien) und sind nicht zu verwechseln mit dem Finanzierungssaldo des Öffentlichen Gesamthaushalts in Abgrenzung der Finanzstatistiken.
Aus den Ergebnissen für das 1. Halbjahr lassen sich nur begrenzt Rückschlüsse auf das Jahresergebnis ziehen.
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