Sonntag, Dezember 22, 2024
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Nachhaltige Fintechs vergrünen die Finanzbranche

Zum Klimaschutz gibt es keine Alternative. Diese Botschaft hat sich mittlerweile auch in den Türmen der großen Banken verbreitet. Doch wie gelingt den Branchenriesen die grüne Wende? Die Zusammenarbeit mit auf ESG-spezialisierten Fintechs weist hier den Weg für die kommenden Jahre.

Europa hat Großes vor. Bis zur Mitte dieses Jahrhunderts wollen die Staaten der Europäischen Union keine Netto-Treibhausgase mehr ausstoßen und ihr Wirtschaftswachstum von der Nutzung der Ressourcen abkoppeln. „Klimawandel und Umweltzerstörung sind existenzielle Bedrohungen für Europa und die Welt. Mit dem europäischen Grünen Deal wollen wir daher den Übergang zu einer modernen, ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft schaffen“, heißt es in einer offiziellen Erklärung der Europäischen Union. 

„Money makes the world go green” könnte es da in Abwandlung des bekannten Liedes aus dem Musical „Cabaret“ heißen. Die alternativlose Dekarbonisierung der Industrien und Dienstleistungsbranchen ist vor allem eine Frage des weit geöffneten Geldbeutels. Ein Drittel der 1,8 Billionen Euro schweren Investitionen aus dem Aufbauplan „NextGenerationEU“ und dem siebenjährigen Haushalt der Europäischen Union dienen der Finanzierung des „Grünen Deals“ in Europa.

Finanzindustrie spielt entscheidende Rolle beim Kampf gegen die Erderwärmung

Bei der Bekämpfung des Klimawandels trägt jedoch nicht nur die internationale und nationale Politik eine große Verantwortung. Auch und gerade der Finanzsektor ist bei der grünen Wende gefragt und gefordert wie nie: Es sind Banken, die mit ihrer Kreditausreichung Investitionsentscheidungen lenken können – hin zu klimaneutralen neuen Technologien, weg von der fossilen Technik. Es sind große Versicherungen und Pensionskassen, die mit ihren Anlagemilliarden gutes, klimaneutrales Wirtschaften belohnen und weniger gutes durch den Abzug von Kundengeldern sanktionieren können. Und es sind schließlich die Verbraucherinnen und Verbraucher selbst, die bei ihren privaten Geldanlageentscheidungen mit dem Kauf grüner Einzelaktien, grüner Investmentfonds oder grüner Exchange Traded Funds den Markt beeinflussen. 

Dabei rücken zunehmend neue Finanzinstrumente in den Fokus: etwa die Green Bonds. Das Konzept der grünen Anleihen ähnelt weitgehend der Emission von regulären Anleihen, mit einem wichtigen Unterschied: Grüne Anleihen sind festverzinsliche Finanzinstrumente, die ausgegeben werden, um grüne Projekte in verschiedenen Branchen zu finanzieren und zu entwickeln, beispielsweise in den Bereichen erneuerbare Energien, sauberer Transport, Abfall- und Wassermanagement. In den vergangenen zehn Jahren hat die Zahl der ausgegebenen grünen Anleihen exponentiell zugenommen. Allein im Jahr 2021 sollen sie laut den Experten von Statista weltweit einen Wert von mehr als 500 Milliarden US-Dollar erreicht haben. 

Klare Antwort gegen das „Greenwashing“ nötig

Nachhaltigkeit meint vor allem, aber nicht ausschließlich ökologische Aspekte – das „E“ im Dreiklang „ESG“. Auch soziale Faktoren und das Einhalten guter, transparenter Unternehmensgrundsätze – die „Governance“ – werden für Finanzentscheidungen immer wichtiger. 

Zugleich mehren jüngste Vorfälle etwa bei der Deutsche-Bank-Tochter DWS Zweifel an manchen ESG-Initiativen und -Versprechen. Der Vorwurf des „Greenwashing“ macht immer häufiger die Runde. Anfang Mai monierte etwa Greenpeace in einer Studie: „Nachhaltigkeit ist zum Kommunikationsziel verkommen.“  

Gleichwohl sollte man nicht dem Trugschluss unterliegen, dass diese durchaus berechtige Kritik gleich zur kompletten Systemkrise führt. Die grüne Finanzwende ist wichtig und wird sich langfristig durchsetzen. Die Marktgröße für ESG-bezogene Finanztechnologie könnte in den nächsten fünf Jahren um mehr als das Siebenfache ansteigen. Diese Ansicht vertritt der renommiere Fintech-Experte und KMPG-Partner Antony Ruddenklau.

Auf dem „Singapore Fintech Festival“ im vergangenen Jahr präsentierte der KMPG-Experte Zahlen, wonach der weltweite ESG-Fintech-Markt vor allem aufgrund des zunehmenden regulatorischen Drucks auf Unternehmen und ihre Finanzierer von 21 Milliarden US-Dollar im Jahr 2022 auf mehr als 160 Milliarden US-Dollar in den nächsten fünf Jahren wachsen könnte. Ruddenklau sagte dem Portal „finew.com“: „Dies ist wahrscheinlich die größte Veränderung, die wir seit der Einführung der International Financial Reporting Standards vor 20 Jahren erlebt haben.“

Climate Fintechs trotzen der allgemeinen Marktflaute

Ruddenklau und andere Experten erwarten vor allem vonseiten der ESG-Fintechs einen nachhaltigen Schub für die gesamte globale Finanzbranche. Diese speziellen Fintechs agieren nicht nur im Zukunftsfeld Nachhaltigkeit. Sie haben in der jüngsten Zeit auch ihre Widerstandsfähigkeit eindrucksvoll unter Beweis gestellt – und sind entsprechend bei Investoren derzeit besonders gefragt. Während klassische Fintechs nach digitalen Hype im Zuge der Corona-Pandemie zuletzt mit einem signifikanten Investitionsrückgang zu kämpfen hatten, können sich gerade Climate Fintechs vor Anfragen und Kapital kaum retten. So sind die Investitionen in Climate Fintech Start-ups in gerade einmal drei Jahren um den Faktor zehn auf fast drei Milliarden Euro gestiegen, errechneten Marktanalysten. 

Das große Plus der Climate Fintechs ist ihre Agilität. Im Gegensatz zu den langsamen Dickschiffen der Branche können diese Start-ups mit ihrem überschaubaren Personalstamm und voll digitalisierten Geschäftsmodellen schnell auf Trends und Marktveränderungen reagieren. Zudem arbeiten bei ihnen oft sehr überzeugte Expertinnen und Experten, die tiefes Wissen gerade im Umfeld erneuerbarer Energien oder der Kohlendioxidreduktion mitbringen.

Meist arbeiten diese grünen Überzeugungstäter aus freien Stücken lieber bei den kleinen Schnellbooten, weil sie dort mehr bewegen können als in einer großen Organisation. Das Ziel etablierter Banken oder Versicherer muss es daher sein, mit diesen Climate Fintechs in Kontakt zu kommen, sich zu vernetzen und über den kollaborativen Austausch voneinander zu lernen. Doch wie und wo finden Groß und Klein zusammen? Ein neuer Fintechhub in Frankfurt am Main könnte jetzt zum Fixpunkt und zur Austauschplattform für Green Banking in Deutschland werden. Geschaffen hat ihn der aus den USA stammende Venture-Capital-Fonds Plug and Play, der unter anderem mit dem Investment in PayPal großgeworden ist. 

Meeting Point und Nukleus des Green Banking in Deutschland

Sascha Karimpour leitet als Managing Director das Deutschland-Geschäft von Plug and Play. Er sagt: „Grundsätzlich können Fintechs schneller auf Trends reagieren und mutig die Produkte an die Bedürfnisse der Kunden anpassen. Gemeinsam können Fintechs und Banken die Branche nachhaltiger und leistungsfähiger machen.“

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Bild: Freepik, rawpixel.com

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