Freitag, November 22, 2024
StartBörseJapans Notenbank will ihre ultralockere Geldpolitik überprüfen

Japans Notenbank will ihre ultralockere Geldpolitik überprüfen

Tokio, 28. Apr – Japans Notenbank hat auf der ersten Zinssitzung unter ihrem neuen Gouverneur Kazuo Ueda eine Überprüfung ihrer jahrelangen ultralockeren Geldpolitik angekündigt. Diese solle breit angelegt sein und ein bis anderthalb Jahre in Anspruch nehmen, teilte die Notenbank am Freitag in Tokio mit. An ihrer Tiefzinspolitik hielten die Währungshüter allerdings fest. Die Zielmarken von minus 0,1 Prozent für die kurzfristigen Zinsen und von null Prozent für die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen wurden nicht verändert. Bei ihrem Ausblick strich die Bank of Japan (BoJ) aber unter anderem den Hinweis, die Zinsen auf dem derzeitigen Niveau oder darunter zu halten. 

Die Börsen reagierten prompt: Der Yen geriet unter Druck, die Kurse japanischer Anleihen und Aktien legten zu. Der japanische Leitindex Nikkei gewann 1,4 Prozent. Denn die Entscheidung der BoJ deutet darauf hin, dass der neue Notenbankchef keine Eile hat, die konjunkturstützende Geldpolitik seines Vorgängers Haruhiko Kuroda rasch zu beenden. 

Die Notenbank werde verschiedene geldpolitische Lockerungsmaßnahmen und ihre Auswirkungen auf Wirtschaft und Preise prüfen, die in den letzten 25 Jahren ergriffen wurden, um die Deflation zu bekämpfen, erklärte die BoJ. Die Währungshüter hatten mit massiven Stimulierungsmaßnahmen dazu beigetragen, dass Japans Wirtschaft aus einer Deflationsspirale von fallenden Löhnen und Preisen herauskam. Die jahrelange laxe Geldpolitik schmälerte aber auch die Gewinne der Banken. Kritiker haben der Notenbank vorgeworfen, sie verzerrte durch die anhaltend niedrigen Zinssätze die Funktion der Märkte.

„Während sich die Trendinflation allmählich erhöht, wird es einige Zeit dauern, bis unser Inflationsziel erreicht ist,“ sagte Ueda nach dem Zinsbeschluss. Daher sei das Risiko, dieses Ziel mit einer verfrühten geldpolitischen Straffung zu verfehlen, größer als das Risiko, aufgrund einer verzögerten Straffung eine Inflation von mehr als zwei Prozent zu haben. „Die Kosten für das Warten auf eine Erhöhung der Trendinflation sind niedrig“, sagte Ueda. Japans Notenbank strebt zwei Prozent Teuerung als Optimalwert für die Wirtschaft an.

Manche Volkswirte hatten dagegen mit einem schnelleren Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik gerechnet. „Die Hoffnungen auf eine Änderung der Geldpolitik wurden durch die Überprüfung, die voraussichtlich ein bis anderthalb Jahre dauern wird, etwas gedämpft“, sagte Währungsstratege Moh Siong Sim von der Bank of Singapore. NordLB-Analyst Tobias Basse sieht das ähnlich: „Unserer Auffassung nach dürften Anhebungen des traditionellen Leitzinsniveaus wahrscheinlich erst nach dem Abschluss dieses Prüfungsprozesses erfolgen“. 

Ueda hatte vor wenigen Wochen das Ruder bei der Bank von Japan übernommen. Unter den weltweit wichtigsten Notenbanken ist sie derzeit ein geldpolitischer Außenseiter. Denn sowohl die Federal Reserve in den USA als auch die Europäische Zentralbank und die Bank von England sind teilweise schon seit längerem auf einen Zinserhöhungskurs im Kampf gegen eine außergewöhnlich hohe Inflation umgeschwenkt.

NEUE INFLATIONSPROGNOSEN

Die BoJ legte außerdem neue vierteljährliche Inflationsprognosen vor, die im Vergleich zu den bisherigen Projektionen etwas höher ausfielen. Für das laufende Fiskaljahr, das im März 2024 endet, erwarten die Volkswirte der Notenbank nun eine Kerninflation von 1,8 Prozent. In dieser sind die Preise für verderbliche Lebensmittel ausgeklammert, aber Treibstoffkosten enthalten sind. Bislang erwartete die Notenbank 1,6 Prozent erwartet. Für das darauffolgende Fiskaljahr wird eine Kerninflation von 2,0 Prozent erwartet statt wie zuletzt von 1,8 Prozent. Für das Fiskaljahr 2025 erwarten die BoJ-Volkswirte dann aber eine Abschwächung der Teuerung auf 1,6 Prozent. Auch dies deutet darauf hin, dass die Währungshüter keine Eile haben, an den Schlüsselzinsen zu rütteln.

Die jüngsten Inflationsdaten aus der Hauptstadt, die am Freitag veröffentlicht wurden, zeigen allerdings, dass der Inflationsdruck inzwischen spürbar zugenommen hat. Danach erreichte die Kernrate in Tokio im April 3,5 Prozent nach 3,2 Prozent im März. Dies lag über den Erwartungen von Volkswirten. Ein Index, der auch die Treibstoffkosten ausklammert, war sogar auf 3,8 Prozent gestiegen und damit so kräftig wie seit April 1982 nicht mehr. Die Inflationdaten zur Hauptstadt gelten als Indikator für die landesweite Entwicklung.

Japans Notenbank will ihre ultralockere Geldpolitik überprüfen

Quelle: Reuters

Symbolfoto: Bild von betty lyra auf Pixabay

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