Berlin, 27. Apr – Die US-Wirtschaft hat im ersten Quartal unerwartet stark an Schwung verloren. Das Bruttoinlandsprodukt legte von Januar bis März auf das Jahr hochgerechnet um 1,1 Prozent zu, wie das Handelsministerium am Donnerstag in Washington mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatte mit einem Plus 2,0 Prozent gerechnet. In ersten Reaktionen hieß es dazu:
FRITZI KÖHLER-GEIB, KFW-CHEFÖKONOM:
„Die US-Wirtschaft ist schwächer als erwartet in das Jahr 2023 gestartet. Das BIP ist im ersten Quartal um lediglich 0,3 Prozent im Vergleich zum Vorquartal gewachsen. Hauptstütze für die Konjunktur ist derweil weiterhin der private Konsum. Die deutlich gestiegenen Zinsen werden sich im Laufe des Jahres aber zunehmend auch in diesem Bereich bemerkbar machen. Daten aus dem März zeigen, dass steigende Kreditkosten dazu führen, dass sich die Haushalte beispielsweise bei der Anschaffung von Neuwagen mittlerweile zurückhalten. Noch deutlicher sind die Effekte der aggressiven Zinssteigerungen der Fed am Häusermarkt abzulesen und auch die Unternehmensinvestitionen werden durch die gestiegenen Finanzierungskosten zunehmend erschwert. Zwar wird der Zinsgipfel voraussichtlich bald erreicht sein, die hohe Inflation wird die Fed aber dazu zwingen auf dem restriktiven Zinsniveau das Jahr über zu verweilen.“
DIRK CHLENCH, LBBW:
„Das US-Wachstum im ersten Quartal 2023 ist deutlich geringer ausgefallen als von uns erwartet. Dies dürfte zu einem Gutteil auf Abwärtsrevisionen beim persönlichen Verbrauch zurückzuführen sein. Es kommt hinzu, dass die Unternehmen gemäß der amtlichen Statistik zu unserer großen Überraschung ihre Lagerbestände abgebaut haben. Die mit monatlicher Frequenz veröffentlichten Konjunkturindikatoren fielen zwar für Januar 2023 ausgesprochen gut aus, für Februar und März aber nicht mehr. Insofern stellt die Veröffentlichung der gesamtwirtschaftlichen Wachstumsrate für das erste Quartal einen Blick in den Rückspiegel dar. Dementsprechend steht diese Veröffentlichung unserer Prognose, dass die US-Wirtschaft Anfang 2024 in eine Rezession abgleiten wird, nicht entgegen.“
CHRISTOPH BALZ, COMMERZBANK:
„Gemessen an dem schwierigen Umfeld hat sich die US-Wirtschaft Anfang 2023 damit noch passabel gehalten. Wir erwarten weiterhin, dass sie im zweiten Halbjahr leicht schrumpft. Denn die volle Belastung aus den Zinserhöhungen der Fed dürfte wegen der üblichen Wirkungsverzögerungen erst dann spürbar sein. Dazu passt auch, dass das Wachstum im ersten Quartal vor allem auf sehr guten Januar-Zahlen beruht. Die Daten für Februar und März fielen bereits schwächer aus.“
BASTIAN HEPPERLE, HAUCK AUFHÄUSER LAMPE:
„In den USA flaut das Wachstumstempo deutlich ab. Ohne den privaten Verbrauch wären die konjunkturellen Schleifspuren noch größer gewesen. Die Belastungen werden aber auch für den privaten Konsum noch zunehmen. Für die kommenden Monate sieht es für die Konjunktur daher wenig freundlich aus. Die restriktive Geldpolitik und strengere Kreditvergabebedingungen werden immer nachteiliger wirken. Die Signale stehen weiter auf Rezession, allerdings in milder Form.“
RALF UMLAUF, HELABA:
„Das US-Wachstum enttäuscht deutlich, kann sich aber im positiven Bereich halten. Vor allem der Konsum war eine Stütze der Entwicklung, aber auch hier wurde die Konsensschätzung verfehlt. Weiterhin getrübt erscheinen die Perspektiven der Industrie. Zweifelhaft ist zudem, ob die Bauwirtschaft positive Beiträge wird liefern können.“
Ökonomen zur Abkühlung der US-Wirtschaft
Quelle: Reuters
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