Frankfurt, 24. Apr – Die Stimmung der deutschen Wirtschaft hat sich im April den sechsten Monat in Folge verbessert. Das Barometer für das Geschäftsklima kletterte auf 93,6 Punkte, von 93,2 Zählern im März, wie das Münchner Ifo-Institut am Montag zu seiner Umfrage unter rund 9000 Top-Managern mitteilte. Damit ist die Stimmung so gut wie seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs im Februar 2022 nicht mehr. Von Reuters befragte Ökonomen hatten mit einem Anstieg auf 94,0 Punkte gerechnet. Volkswirte sagten zu den Daten in ersten Reaktionen:
ALEXANDER KRÜGER, CHEFVOLKSWIRT HAUCK AUFHÄUSER LAMPE PRIVATBANK:
„Die Stimmung bleibt ein gutes Stück weit im Keller. Das ist ein enttäuschendes Ergebnis, vor allem wegen der schlechteren Lagebeurteilung. Nach einer Konjunkturerholung, die diesen Namen verdient, sieht es damit weiterhin nicht aus. Zumindest scheinen die gesunkenen Materialmängel etwas Zuversicht verbreitet zu haben. Erhebliche Strukturschwächen begrenzen ohnehin Wachstumschancen. Dass die Politik der Bundesregierung für immer neue Unsicherheiten sorgt, verdüstert den Ausblick zusätzlich.“
JÖRG KRÄMER, CHEFVOLKSWIRT COMMERZBANK:
„Die erneute Erholung des Ifo-Geschäftsklimas deutet darauf hin, dass die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal erneut gewachsen sein dürfte. Allerdings sollte man nicht übermütig werden. Die US-Notenbank erhöht ihre Leitzinsen bereits seit März vergangenen Jahres kräftig. In Deutschland folgten Zinserhöhungsphasen mit einer Verzögerung von durchschnittlich fünf Quartalen stets Rezessionen. Wir halten die Prognosen der meisten Volkswirte für optimistisch, dass sich die deutsche Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte deutlich erholen wird.“
ANDREAS SCHEUERLE, DEKABANK:
„Das Bankenbeben hat bei der Unternehmensstimmung keine Spuren hinterlassen. Die Europäische Zentralbank kann somit die hartnäckige Inflation mit weiteren Zinssteigerungen bekämpfen. Mehr und mehr machen sich dann aber die daraus resultierenden dämpfenden Effekte bemerkbar – in den akuten Problemen der Baubranche zeigen sich diese schon heute wie unter einem Brennglas. Auch wenn die anderen Branchen die Zinsbelastungen nicht so stark zu spüren bekommen, wird die konjunkturelle Erholung dadurch insgesamt ausgebremst.“
FRITZI KÖHLER-GEIB, CHEFVOLKSWIRTIN KFW:
„Der Einstieg in das Frühlingsquartal ist konjunkturell gelungen: Nach den anfangs enormen Sorgen um die Energiesicherheit taut die Stimmung in den Unternehmen mit dem nunmehr gut überstandenen Winter immer weiter auf. Die deutsche Konjunktur hat sich vorerst gefangen, vor allzu großen Erwartungen sei aber gewarnt: Die Geldpolitik wird ihre volle Bremswirkung erst in diesem Jahr entfalten und die erlittenen Kaufkraftverluste der Privathaushalte hallen wohl noch geraume Zeit nach. Die Wirtschaft kann im Gesamtjahr 2023 eine Schrumpfung vielleicht vermeiden, doch auch bei günstigerer Entwicklung käme sie vermutlich nur wenig über Stagnation hinaus.“
ULRICH WORTBERG, HELABA:
„Das deutsche Stimmungsbarometer kann sich das sechste Mal in Folge verbessern. Allerdings haben sich die Lageeinschätzungen etwas getrübt, sodass der Konjunkturoptimismus kaum größer werden dürfte. Die wirtschaftliche Dynamik in Deutschland bleibt zunächst wohl noch schwach. Immerhin dürfte eine Rezession vermieden werden und im Jahresverlauf rechnen wir mit einer allmählichen Erholung. Die Zinserwartungen bezüglich der EZB dürften damit nicht geringer werden.“
Ökonomen zum sechsten Anstieg des Ifo-Index in Folge
Quelle: Reuters
Symbolfoto
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