Frankfurt, 04. Apr (Reuters) – Das Pharmaunternehmen Stada warnt vor einem Zusammenbruch der Medikamentenversorgung der Ukraine. Grund ist laut einem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Schreiben des Stada-Chefs an Wirtschaftsminister Robert Habeck und das Kanzleramt, dass das Unternehmen von der ukrainischen Führung unter Druck gesetzt werde, keine Medikamente mehr nach Russland zu liefern. Mit Blick auf die in der Ukraine aufgebaute Produktion heißt es, Stada habe „keine längerfristige Sicherheit, unsere Produkte auch in Zukunft in der Ukraine vertreiben zu können“, heißt es in dem Brief von Vorstandschef Peter Goldschmidt vom 21. März. Stada zählt nach eigenen Angaben sowohl in der Ukraine als auch in Russland zu den wichtigsten Arzneimittelherstellern.
„Bitte verhindern Sie den Ausschluss von internationalen pharmazeutischen Unternehmen vom ukrainischen Markt“, fordert Goldschmidt in dem Schreiben. Zwar seien Gesetzesänderungen in der Ukraine nicht in der angekündigten Schärfe in Kraft getreten, die Unternehmen mit Geschäftsaktivitäten in Russland den Verkauf ihrer Produkte im ukrainischen Markt untersagt hätten. Aber die Ukraine drohe nach wie vor damit, Pharmaunternehmen, die Produkte in Russland vertreiben, die Marktzulassung zu entziehen. „Im schlimmsten Fall würde das bedeuten, dass lebenswichtige Medikamente für ukrainische Patientinnen und Patienten plötzlich nicht mehr verfügbar wären, weil Stada und andere Hersteller Produktion und Vertrieb einstellen müssten.“ Weitere Investitionen in der Ukraine seien deshalb vorerst nicht geplant. Habeck hatte auf seiner Reise in die Ukraine gerade für mehr Investitionen geworben.
Medikamente sind aus humanitären Gründen von den westlichen Sanktionen gegen Russland ausgeschlossen. Pharmakonzerne wie Stada, BayerBAYGn.DE und Boehringer Ingelheim liefern deshalb trotz des Angriffskrieges Moskaus auf die Ukraine weiter Arzneimittel nach Russland und begründen dies mit der medizinischen Versorgung der Menschen. Für Stada ist Russland ein wichtiger Markt, rund 15 Prozent seines Umsatzes erwirtschaftet der Generikahersteller dort. Je nach Dauer und Ausmaß des Kriegs in der Ukraine könne die Geschäftstätigkeit von Stada erheblich negativ beeinflusst werden, warnt das Unternehmen in seinem Geschäftsbericht.
In der Ukraine investierte Stada nach eigenen Angaben seit 2019 mehr 60 Millionen Euro mit der Übernahme des ukrainischen Arzneimittelherstellers Biopharma – nach Angaben des hessischen Unternehmens war dies eine der größten Investitionen im ukrainischen Pharmasektor. Weitere rund zehn Millionen Euro seien für die Modernisierung der Produktion dort angefallen. Mit der Übernahme stellte Stada auf eine überwiegend lokale Produktion um, nachdem dem Produkte für den ukrainischen Markt anfangs noch in Russland produziert wurden. Damals hatte die ukrainische Regierung gefordert, dass das Unternehmen das Land nicht mehr aus Russland beliefern dürfe, heißt es in dem Brief. Die Folge sei der Kauf von Biopharma gewesen.
Goldschmidt betont in dem Schreiben, dass Stada sehr gerne in der Ukraine weiter präsent sein wolle. „Deshalb möchten wir Sie erneut um Ihre Unterstützung und um klare Signale in Richtung der Ukraine zur Stärkung der deutschen Unternehmen vor Ort bitten“, fügt er hinzu. Beim Wirtschaftsministerium war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.
Stada warnt vor Einschnitten bei Medikamentenversorgung in der Ukraine
Quelle: Reuters
Foto: Bild von Tom auf Pixabay
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