Berlin, 30. Mrz – Nach einer vorübergehenden Besserung 2022 rechnet die Deutsche Bahn für das laufende Jahr trotz eines Passagier-Andrangs wieder mit einem Milliardenverlust. Vor Steuern und Zinsen werde ein Minus von einer Milliarde Euro erwartet, teilte der Staatskonzern am Donnerstag mit. Zu schaffen machen dem Unternehmen unter anderem der sinkende Gewinn der Logistik-Tochter Schenker und die Sanierung des maroden Schienennetzes. Dieses führte dazu, dass im vergangenen Jahr mehr als jeder dritte Fernzug zu spät kam.
Dabei stiegen nach dem Ende der Pandemie gut 60 Prozent mehr Passagiere in IC und ICE ein. „Für 2023 könnte es im Fernverkehr mit deutlich mehr als 150 Millionen Reisenden eine neue Rekordzahl geben“, sagte Bahnchef Richard Lutz. 2022 dämpfte ein Rekordgewinn der Tochter Schenker den Bahn-Verlust auf 230 Millionen Euro.
Die Deutsche Bahn leidet seit langem unter dem verschlissenen Schienennetz, dass beim Personen- und Güterverkehr auch DB-Konkurrenten trifft. Bis 2027 wurde ein Investitionsbedarf von 45 Milliarden Euro festgestellt. Der Koalitionsausschuss der Ampel-Regierung will durch eine Erhöhung der LKW-Maut ab 2024 dafür 20 Milliarden Euro gewinnen. „Das ist eine zentrale Weichenstellung für die Infrastruktur“, sagte Bahnchef Lutz. Verkehrsminister Volker Wissing, der sich in die Bilanz-Pressekonferenz einschaltete, verwies auf die deutlich höheren Passagierzahlen: „Die Bahn kann aber noch mehr, wenn wir es schaffen, das Netz leistungsfähig zu machen“, sagte der FDP-Politiker. „Wir werden in diesem Jahrzehnt dafür sorgen, dass aus dem Netz das herausgeholt wird, was herausgeholt werden kann.“
GEWINN-LIEFERANT SCHENKER KÖNNTE VERKAUFT WERDEN
Der Konzern konnte 2022 seinen Umsatz um fast 20 Prozent auf 56,3 Milliarden Euro steigen, was ebenfalls vor allem der Logistik-Tochter Schenker zu verdanken war. Das Unternehmen erzielte mit 1,8 Milliarden Euro einen Rekord beim Betriebsgewinn – der allerdings Konzernunterlagen zufolge in diesem Jahr um ein Drittel schrumpfen wird. Derzeit prüft die Bahn auch nach dem Wunsch der Bundesregierung einen Verkauf der Logistik-Tochter. Ob Schenker nächstes Jahr noch zum Konzern gehöre, sei offen, sagte Bahn-Finanzvorstand Levin Holle.
Ein Verkauf von Schenker könnte Finanzkreisen zufolge zwar um die 15 Milliarden Euro bringen. Andererseits fiele ein Gewinnlieferant für den Konzern weg. Da auch die Güterbahn DB Cargo, das Netz sowie der Fernverkehr wegen hoher Abschreibungen auf neue ICE keinen Gewinn ausweisen dürften, steigen die Schulden weiter. Die Netto-Finanzschulden 2023 könnten über 33 Milliarden Euro steigen, erklärte die Bahn. Konzernunterlagen zufolge könnten es bis zu 37 Milliarden Euro werden.
Entlastung erhofft sich die Bahn als Strom-Großverbraucher zum einen durch die staatliche Strompreisbremse. Lutz sagte, er gehe hier von einem dreistelligen Millionen-Betrag 2023 aus. Zum anderen treibt die Bahn den scheibchenweisen Verkauf ihrer internationalen Nahverkehrstochter Arriva voran. „Der Verkauf des Kerngeschäfts ist in unserer Planung unterstellt für 2024“, sagte Bahn-Finanzvorstand Levin Holle. Als Kernmarkt gilt vor allem das Bus- und Bahn-Geschäft in Großbritannien. Zudem habe man sich schon 2022 von Firmen in Nicht-Kernmärkten getrennt. In Reuters vorliegenden Konzernunterlagen heißt es zudem, dass Geschäfte unter anderem in Serbien, Polen und Dänemark bis zur Jahresmitte 2023 verkauft werden sollen. Arriva machte 2022 gut vier Milliarden Euro Umsatz mit knapp 40.000 Mitarbeitern.
Bahn erwartet trotz Passagier-Ansturms wieder Milliardenverlust
Quelle: Reuters
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