Freitag, November 15, 2024
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Interview: Entwicklungsministerin Schulze – Weltbank soll mehr Kredite vergeben

Berlin, 15. Mrz – Die Weltbank muss sich unter dem designierten Präsidenten Ajay Banga nach Ansicht von Entwicklungsministerin Svenja Schulze deutlich ändern. „Das Problem ist im Moment, dass sich die Welt schneller verändert hat als die Weltbank“, sagte die SPD-Politikerin in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview mit Reuters-TV. Sie hatte am Dienstagabend erstmals mit dem von den USA vorgeschlagenen Kandidaten gesprochen.

Die multilaterale Entwicklungsbank habe zurecht das Ziel, Armut zu bekämpfen und Wohlstand zu entwickeln. „Aber die Weltbank orientiert sich aktuell zu sehr am Bruttonationaleinkommen und der Kaufkraft und entwickelt danach die Pakete für die Länder“, kritisierte Schulze mit Blick auf die Kreditvergabe der Organisation an Entwicklungsländer.

„Heute kann man Armut nur noch erfolgreich bekämpfen, wenn man zugleich gegen den Klimawandel vorgeht und in soziale Sicherung investiert“, betonte Schulze. Gerade die Staaten des globalen Südens seien vom Klimawandel besonders hart getroffen. Man brauche den Aufbau von Sozialsystemen etwa für Unterstützungsleistungen für Menschen, die vom Klimawandel, von Krisen oder Konflikten betroffen sind. „Die Weltbank muss diesen umfassenden, grenzüberschreitenden Blick in ihre Ländermodelle aufnehmen. Das funktioniert noch nicht systematisch genug.“

Sie kritisierte auch den noch vom damaligen US-Präsidenten Donald Trump nominierten Weltbank-Chef David Malpass. „Unter dem jetzigen Präsidenten Malpass passierte da zu wenig“, sagte die SPD-Politikerin. Die Weltbank halte immer noch an „Finanzierungsmodellen der 80er-Jahre“ fest. Der seit 2019 amtierende Malpass hatte seinen Rücktritt für Ende Juni erklärt.

Schon im Oktober 2022 hatte Schulze eine Reformagenda vorgelegt, die von anderen westlichen Staaten wie Frankreich, den USA, Australien, Kanada sowie Japan auch unterstützt wurde. 

WELTBANK MUSS MEHR KREDITE VERGEBEN

Jetzt fordert die Entwicklungsministerin auch, dass die Weltbank ihr Geschäftsmodell verändert. „Sie muss etwas risikofreudiger bei den Krediten werden.“ Die Weltbank habe als internationale Organisation ein AAA-Rating bei der Aufnahme von Krediten, was sie auch weiter behalten solle. „Aber sie könnte trotzdem etwas mutiger sein, um mehr Geld zu hebeln. Da ist noch mehr drin, ohne ihr bestes Rating zu gefährden.“ Die Weltbank verhalte sich noch zu konservativ. Die Organisation vergibt Kredite von rund 100 Milliarden Dollar und ist damit auch Vorbild für andere internationale Kreditgeber. 

Schulze wies die Sorgen einiger Länder zurück, dass sie nach einer Reform weniger Geld erhalten könnten als bisher. Das Geld solle nur gezielter ausgegeben werden. „Die Weltbank spürt doch selbst, dass es nicht mehr ohne Klimaschutzkriterien oder soziale Sicherungssysteme geht“, sagte Schulze. Daher sei es gut, dass die Organisation die Zusammenarbeit mit der Internationalen Organisation für Arbeit (ILO) ausweite, um in Entwicklungsländern Sozialsysteme auszubauen zu helfen.

Der von den USA vorgeschlagene frühere Mastercard-Chef Banga habe ihr in dem Gespräch am Dienstagabend Reformen zugesagt. „Nach dem Gespräch werde ich seine Kandidatur unterstützen“, teilte Schulze mit. „Er ist schon ein sehr, sehr guter Vorschlag.“ Die Entwicklungsministerin vertritt Deutschland als Weltbank-Gouverneurin und nimmt deshalb an der Wahl des neuen Präsidenten teil. Finanzminister Christian Lindner hatte bereits gesagt, dass Banga mit deutscher Unterstützung rechnen könne. 

Schulze verteidigte das Verfahren, nach dem die Amerikaner als größter Anteilseigner traditionell den Chef der Weltbank vorschlagen, während die Europäer die Spitze des Internationalen Währungsfonds (IWF) besetzen. „Europäer und Amerikaner sind die beiden großen Finanziers dieser Institutionen“, sagte die Entwicklungsministerin zur Begründung. Deshalb würden sie Kandidaten für den Spitzenposten vorschlagen. Aber die Vertreter des globalen Südens sollten in den Gremien der Weltbank künftig stärker gehört werden. „Das ist etwas, wofür wir uns aus Deutschland sehr einsetzen“, fügte sie hinzu. 

Interview: Entwicklungsministerin Schulze – Weltbank soll mehr Kredite vergeben

Quelle: Reuters

Symbolfoto: Bild von Elchinator auf Pixabay

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