UPDATE Berlin, 07. Mrz – Die deutsche Industrie ist dank des Exportgeschäfts überraschend mit einem Auftragsplus ins neue Jahr gestartet. Die Bestellungen kletterten im Januar um 1,0 Prozent zum Vormonat, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte. Ökonomen hingegen hatten mit einem Rückgang um 0,9 Prozent gerechnet, nach plus 3,4 Prozent im Dezember. „Insgesamt spricht die sich abzeichnende Stabilisierung der Auftragslage im Verarbeitenden Gewerbe für einen milden Verlauf der derzeitigen konjunkturellen Schwächephase“, erklärte das Bundeswirtschaftsministerium. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) warnte, der Abwärtstrend bei den Aufträgen sei zwar zunächst gestoppt. „Für eine Entwarnung ist es jedoch zu früh.“
Die Auslandsaufträge kletterten um 5,5 Prozent und die Bestellungen von außerhalb der Euro-Zone stiegen sogar um über elf Prozent. Das Inlandsgeschäft hingegen verlor um 5,3 Prozent, nach einem Anstieg in gleicher Höhe im Vormonat. „Der hohe Zuwachs aus dem Ausland dürfte mit dem China-Reopening nach dem Ende der Zero-Covid-Politik im Reich der Mitte zu tun haben“, sagte LBBW-Ökonom Jens-Oliver Niklasch. Die schwachen Daten für das Inland zeigten jedoch, dass die Konjunkturschwäche in Deutschland anhalte. „Es wird wohl wieder einmal darauf hinauslaufen, dass im Aufschwung die Exportkonjunktur den Anfang machen wird.“ DIHK-Experte Jupp Zenzen erklärte: „Aufgrund der schwachen konjunkturellen Aussichten hierzulande, steigender Zinsen und der weiterhin hohen Energiepreise bleibt die Nachfrage aus dem Inland insgesamt weiter gebremst.“
Chefvolkswirt Alexander Krüger von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank sprach von einer sich fortsetzenden Lethargie bei der Auftragsvergabe. Nachdenklich stimme der Vorjahresvergleich von rund minus elf Prozent. „Im Januar fehlten vor allem auch Großaufträge.“ Denn ohne die Berücksichtigung dieser Bestellungen gab es sogar 2,9 Prozent Wachstum. „Die Misere allein auf Materialengpässe zu schieben, ist angesichts vermehrter Strukturschwächen zu einfach“, sagte Krüger.
IFO SIEHT HANDEL, GASTGEWERBE UND BAU ALS INFLATIONSGEWINNER
„Die Auftragseingänge haben noch immer eine gewisse Abwärtstendenz“, betonte auch Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer. Das dürfte die Industrieproduktion in den kommenden Monaten dämpfen. „Für das Bruttoinlandsprodukt erwarte ich für dieses Jahr weiter ein Minus von 0,5 Prozent.“
Die deutsche Wirtschaft war Ende 2022 um 0,4 Prozent geschrumpft und steht mit einem Bein in der Rezession. Wenn das Bruttoinlandsprodukt auch im laufenden Vierteljahr – und damit zwei Quartale hintereinander – schrumpft, wäre Deutschland einer Faustregel zufolge in einer technischen Rezession.
Der reale Umsatz der Industrie stieg von Dezember auf Januar um 0,2 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr lagen die Januar-Erlöse kalenderbereinigt 0,4 Prozent niedriger. Die Inflation und die hohen Energiepreise belasten die Betriebe. Einige Unternehmen haben laut Ifo-Institut auch Ende 2022 ihre Preise stärker erhöht als durch die Entwicklung der Inflation und ihrer Kosten nötig gewesen wäre. „Diese Firmen haben die Lage genutzt, um ihre Gewinne kräftig zu steigern“, erklärte Joachim Ragnitz, stellvertretender Leiter der Ifo-Niederlassung in Dresden. „Das gilt vor allem für Unternehmen im Handel, Gastgewerbe und Verkehr sowie im Baugewerbe.“ Ifo-Präsident Clemens Fuest sagte auf der Internationalen Tourismusmesse ITB, die Jahresteuerung werde vorerst nicht so stark sinken. „Wir werden in einer Zeit höherer Inflation leben.“
Deutsche Industrie mit unerwartetem Auftragsplus zum Jahresstart
Quelle: Reuters
Symbolfoto: Bild von s m anamul rezwan auf Pixabay
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