Montag, November 25, 2024
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Besser verkaufen: die „So-oder-So-Argumentation“

Jeder, der neue Leistungen und Lösungen in die Welt bringen will, muss diese zunächst verkaufen: im richtigen Moment, bei den richtigen Personen, mit den richtigen Argumenten. Anschlussfähigkeit ist hierbei ganz entscheidend.

Nur mit forschen, frischen, neuen Ideen gelingt einem Unternehmen der Sprung in die Zukunft. Doch Entscheidungen zugunsten des Fortschritts sind oft gar nicht so leicht. Die Zahlen sprechen dafür, das Gefühl aber dagegen. Oder umgekehrt. Zudem werden etwaige Verluste vielfach überbewertet, potenzielle Gewinne jedoch unterschätzt. Man muss Wohlvertrautes aufgeben, sich von Liebgewonnenem trennen, seine bisherige Meinung revidieren, gerät auf unbekanntes Terrain. Beim Alten zu bleiben könnte womöglich besser sein. Diese Phase des Zauderns benötigt motivierenden Anschub.

Wer also den notwendigen Ruck bewirken will, braucht emotionale Intelligenz und taktisches Geschick. Vor allem darf man Interessenten nicht mit neuen Produkten und Lösungen „überfallen“. Das ist unprofessionell und trifft selten auf Gegenliebe. Schritt eins ist der Blickwinkelwechsel. Empathisch müssen wir uns in die individuelle Wirklichkeit unserer Gesprächspartner hineindenken, ihren Standpunkt akzeptieren und unsere Kommunikationsstrategie darauf abstimmen können. Schon ein einziges sensibles „Aus Ihrer Sicht betrachtet …“ baut eine Atmosphäre der Zustimmung auf.

So glückt die „So-oder-So-Argumentation“

Wer etwas verändern will, setzt beim Bestehenden an. Ausgehend vom einstmals Bewährten werden dann Trittsteine gelegt, um den Weg zum besseren Neuen sicher zu machen. Hierfür habe ich einen Argumentationsleitfaden entwickelt, zu dem mich das Design Thinking angeregt hat: die „So-oder-So-Argumentation“. Die Abbildung zeigt, wie sie funktioniert: Zunächst erläutern Sie den anwesenden Entscheidern den Status quo und nennen einen Nachteil. Danach nennen Sie eine Was-wäre-wenn-Alternative. Dann kommt ein zweiter Bisher-Nachteil, danach eine Wenn-wir-nun-Alternative.

Schließlich folgt ein dritter Bisher-Nachteil, daraufhin ein Nun-könnten-wir-Vorschlag. Fassen Sie abschließend die drei wichtigsten Argumente/Vorteile/Nutzen nochmal zusammen, nur drei, weil mehr schnell überfordern. Das schlagkräftigste Argument kommt dabei zum Schluss, wegen des Echo-Effekts. Es hallt nach und verfestigt sich so. Unterlegen Sie schließlich das Ergebnis Ihrer Initiative mit Zahlen, Daten und Fakten. Präsentieren Sie aufsteigende Kurven, fette Balken, große Stücke vom Kuchen.

Im Fall des Falles: die zweite Alternative

Mit der „So-oder-So-Argumentation“ bewegt man sich hin und her zwischen dem, was war, und dem, was sein könnte – bis die Gesprächspartner Letzteres immer verlockender finden. Man verstärkt den Effekt, indem man während einer Präsentation jeweils auf die eine oder andere Seite tritt und beim Wunschergebnis stehen bleibst. Sprechen Sie hier etwas lauter, gestikulieren Sie ausladender und zeigen Sie sich authentisch begeistert.

Halten Sie für alle Fälle eine zweitbeste Alternative in der Hinterhand. Wenn sich abzeichnet, dass der ganz große Sprung nicht gelingt, sagen Sie: „Hier ist eine zweite, abgespeckte Variante, die könnte ein erster Schritt in die gewünschte Richtung sein.“ Menschen lieben Optionen. Wahlmöglichkeiten geben uns das Gefühl von Macht und Kontrolle. Und sich zunächst für Teilaspekte zu entscheiden, verkleinert das Risiko.

Wie Sie eine Diskussionsphase meistern

Nach einer Präsentation kommt es meist zu einer Diskussion. Damit diese nicht ins „Ja, aber“ rutscht, begeben Sie sich in die Rolle des Entscheidungshelfers und starten so:

  • Nun interessiert mich: In welchen Punkten finden Sie meinen Vorschlag gut? Und zu welchen Aspekten gibt es noch Fragen?

Oft reagieren einzelne Zuhörende auf einen Vorschlag – unbeabsichtigt oder mit Kalkül – destruktiv, defizitorientiert und aggressiv, etwa so: „Was Sie in Ihrer Präsentation vergessen haben, ist …“ Oder so: „Der Denkfehler bei dieser Präsentation liegt darin, dass …“ Hier nehmen Sie besser die Schärfe heraus, indem Sie umformulieren, etwa so:

  • Was Sie also noch ergänzen möchten, ist …, stimmt‘s?
  • Eine Frage, die sich Ihnen also noch stellt, ist … ?
  • Was Ihnen dabei durch den Kopf geht, ist …, richtig?

Für den Fall, dass die Diskussion eskaliert

Sollte eine Diskussion eskalieren, gilt es, angemessen damit umzugehen. „Nun regen Sie sich mal nicht so auf!“ oder „Machen Sie doch keinen solchen Aufstand!“ – solche Sätze gehen natürlich gar nicht. Besser sind versöhnliche Worte wie diese:

  • Ich sehe, dass das Thema Sie sehr bewegt.
  • Ich freue mich, dass Sie sich für diese Sache so engagieren.
  • Ich glaube, uns allen liegt das sehr am Herzen.
Wenn zu einzelnen Punkten heftiger Gegenwind kommt, reagieren Sie situativ so:
  • Ich bin sehr an Ihrer Meinung interessiert! Was ist der Hintergrund Ihrer Frage?
  • Ich glaube, mein Vorschlag hat für Sie einen Haken. Was genau ist denn der Punkt?
  • Sie sagten ja, aber. Das heißt, einem Teil meiner Ausführungen stimmen Sie zu!?
  • Ich verstehe Ihren Standpunkt. Ich dachte am Anfang ähnlich. Dann zeigte sich …

Üben Sie sich darin, immer respektvoll zu bleiben. Hartes Kontern provoziert. Auch Schlagfertigkeit führt selten zum Ziel. Sie bekommen vielleicht ein paar Lacher – aber auch Feinde. Ein Schlag macht den anderen eben nicht fertig. Vielmehr sinnt der auf Rache. Ein Disput verletzter Egos beginnt. Streitgespräche bringen einen in der Sache nie weiter. Und wenn es mal so richtig hitzig wird oder gar nichts mehr geht? Dann schlagen Sie eine Pause vor, das macht bei allen Beteiligten den Kopf wieder frei.

Autor:

Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenzentrierte Unternehmensführung. Zu diesen Themen hält sie Impulsvorträge auf Tagungen, Fachkongressen und Online-Events. 2015 wurde sie für ihr Lebenswerk in die Hall of Fame der German Speakers Association aufgenommen. Beim Business-Netzwerk Linkedin wurde sie Top-Voice 2017 und 2018. Von Xing wurde sie zum Spitzenwriter 2018 und zum Top Mind 2020 gekürt. Ihr Touchpoint Institut bildet zertifizierte Touchpoint Manager und zertifizierte Orbit-Organisationsentwickler aus. www.anneschueller.de

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder

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