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Hintergrund: Feministische Außenpolitik gegen „toxische Männlichkeit“

Berlin, 28. Feb – Ausgerechnet Boris Johnson: „Wenn Putin eine Frau wäre, so hätte er, glaube ich, nicht einen so verrückten, machohaften Krieg vom Zaun gebrochen“, sagte der damalige britische Premierminister in einem ZDF-Interview im Sommer vergangenen Jahres mit Blick auf den russischen Präsidenten und dessen Überfall auf die Ukraine. Johnson – selbst mitunter wegen Macho-Attitüden in der Kritik – geißelte den russischen Angriffskrieg als „perfektes Beispiel für toxische Männlichkeit“. Annalena Baerbock würde das wohl sofort unterschreiben, denn die Einschätzungen Johnsons sind letztlich auch Ausdruck für den Ansatz einer feministischen Außenpolitik, die die deutsche Chefdiplomatin schon länger verfolgt und jetzt finalisiert hat. 

Ihre „Leitlinien feministischer Außenpolitik“ wird Baerbock am Mittwoch im Kabinett und anschließend zusammen mit Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) der Öffentlichkeit vorstellen. Und wer glaubt, es gehe dabei vor allem darum, möglichst viele Frauen auf prominente Posten im Außenministerium zu bringen, der greift zu kurz. Baerbock hat in ihrer nunmehr fast fünfzehnmonatigen Amtszeit als erste Außenministerin in der bundesdeutschen Geschichte wiederholt deutlich gemacht, worum es ihr dabei geht: Außenpolitik sei keine Politik nur auf Ebene von Ministern und Staatenlenkern, sondern es gehe immer um die einzelnen Menschen, um deren Sicherheit, um deren persönliche Freiheit. 

Der Ansatz einer feministischen Außenpolitik geht schon einige Jahre zurück. Als Urheberin gilt die frühere schwedische Außenministerin Margot Wallström, die diese Bezeichnung bereits 2014 prägte. Ein Jahr später machte Schweden den Ansatz als erstes Land für seine Außenpolitik zu einem Prinzip. Danach steht er für „eine internationale Außenpolitik, bei der feministische Sichtweisen zum Maßstab gemacht werden. Der Handlungsrahmen umreißt eine Politik, die Gewalt und Diskriminierung überwinden sowie Geschlechtergerechtigkeit und Menschenrechte verwirklichen will.“ Einen Verweis darauf findet sich auch im Koalitionsvertrag der Ampel, wonach SPD, Grüne und FDP „Rechte, Ressourcen und Repräsentanz von Frauen und Mädchen weltweit stärken und gesellschaftliche Diversität fördern“ wollen.

Baerbock wird nicht müde zu betonen, auch wenn sie über die Gräueltaten in der Ukraine spricht: Wenn es Frauen in einer Gesellschaft gutgehe, gehe es einer Gesellschaft insgesamt gut, sei sie sicher, und es herrsche das Rechtstaatsprinzip – und nur darum gehe es. Frauenrechte zu stärken sei insofern bedeutsam, da diese auch immer ein Spiegel der Rechtsstaatlichkeit eines Landes seien, wie die Ministerin auch wieder am Montag vor dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen (UN) in Genf ausführte. Deshalb ist Baerbock immer bemüht, auf ihren Auslandsreisen Menschen der Zivilgesellschaft zu treffen und sich deren Sorgen und Nöte anzuhören – sei dies in Bosnien, in Äthiopien oder auf Palau inmitten des Pazifischen Ozeans. 

„DIE STIMME DIESER MENSCHEN“ 

Mit den jüngsten Entwicklungen in Afghanistan und Iran und dem dortigen Umgang mit Frauen und Mädchen sind zudem zwei brandaktuelle Krisenherde in den Fokus der Außenpolitik gerückt. Im Fall des Iran, wo es mittlerweile seit Monaten Proteste gegen die radikalislamischen Mullahs gibt, hat Baerbock zwar anfänglich mit Kritik gezögert, was ihr wiederum vorgeworfen wurde. Mittlerweile lässt sie aber fast keinen Auftritt mehr verstreichen, ohne das Thema Frauenrechte im Iran anzusprechen. Gleiches gilt für Afghanistan, wo sie von „massivsten Menschenrechtsverletzungen“ spricht, weil die radikal-islamischen Taliban nach ihrer Machtübernahme im August 2021 die Hälfte der Gesellschaft vom öffentlichen Leben ausgeschlossen haben. 

Aber es geht Baerbock am Ende nicht nur um Frauen, es geht ihr um jeden einzelnen Menschen, wie sie immer wieder betont: „Jina war 22 Jahre alt, als sie getötet wurde. Weil sie ihr Kopftuch nicht so trug, wie es vorgeschriebenen ist“, leitete Baerbock ihre Rede vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf im November zur Lage im Iran ein. „Abolfazl war 17, als er die Schule schwänzte, um an den Protesten in Iran teilzunehmen – und getötet wurde.“ Sie schließt ihre Einlassung mit dem Appell: „Jede und jeder von uns vertritt einen Staat, aber wir vertreten auch Millionen von Männern, Frauen und Kindern.“ Und sie fügt hinzu: „Deshalb rufe ich Sie auf: Seien Sie die Stimme dieser Menschen, unserer Menschen der Vereinten Nationen.“

Hintergrund: Feministische Außenpolitik gegen „toxische Männlichkeit“

Quelle: Reuters

Symbolfoto: Bild von Achim Scholty auf Pixabay

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