London, 15. Feb – Die schottische Regierungschefin und Kämpferin für die Unabhängigkeit des nördlichsten Teils Großbritanniens, Nicola Sturgeon, tritt nach acht Jahren im Amt zurück. Ihre Zeit sei gekommen, kündigte die 52-Jährige am Mittwoch an. Bis zur Wahl eines Nachfolgers werde sie im Amt bleiben. Der Zeitplan dafür sei Sache ihrer Partei, der Scottish National Party (SNP). Ihre Entscheidung sei nicht kurzfristig gefallen, sie habe seit Wochen mit sich gerungen. Das Regierungsamt sei hart, und die einzige Möglichkeit, den Job auszufüllen, sei es, absolut alles dafür zu geben. Mit dem Rücktritt mache sie den Weg frei für eine Entscheidung ihrer Partei, welcher Weg beschritten werden solle. Schottland sei in einem kritischen Moment. Die Unterstützung für eine Unabhängigkeit müsse verstärkt werden.
„Sie hat genug“, hatte der Sender BBC zuvor Sturgeons Umfeld zu den Rücktrittsgründen zitiert. Sturgeon selbst sagte, sie werde die Politik nicht verlassen und habe die Absicht, Abgeordnete des Parlaments bleiben. Im Bestreben Schottlands um die Unabhängigkeit hatte sie im November vorigen Jahres einen Rückschlag erlitten. Das Oberste Gericht des Vereinigten Königreichs entschied, dass die schottische Regierung ein zweites Referendum nicht ohne Zustimmung des britischen Parlaments abhalten dürfe. Beim ersten Unabhängigkeitsreferendum 2014 hatte sich das Land mit 55 Prozent zu 45 für den Verbleib im Vereinigten Königreich entschieden.
Sturgeon prägte die schottische Politik über viele Jahre. Nach dem gescheiterten Unabhängigkeitsreferendum führte sie ihre Partei zu einem durchschlagenden Erfolg bei den britischen Wahlen 2015. Mit 56 von 59 Sitzen in Schottland machte sie die SNP zur drittgrößten Partei Großbritanniens. Seit kurzem ist sie in einen Streit mit der britischen Regierung von Premierminister Rishi Sunak über ein Gesetz zur Geschlechteranerkennung verwickelt. Die konservative britische Regierung hat zudem den Weg zu einem weiteren Unabhängigkeitsreferendum blockiert.
Sturgeon hinterlasse ein Vakuum, sagte Anthony Wells, Leiter der Abteilung European Political and Social Research bei YouGov UK. „Es gibt jetzt niemanden, der ein klarer und offensichtlicher Nachfolger ist.“ Sturgeons Stärke an der Spitze der Partei habe interne Streitigkeiten über den weiteren Weg eingedämmt: „Ohne jemanden, der eindeutig die Hand am Ruder hat, wird es wohl ein bisschen chaotisch.“
Schottische Regierungschefin Sturgeon kündigt Rücktritt an
Quelle: Reuters
Symbolfoto: Bild von JamesDeMers auf Pixabay
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