Antakya, 07. Feb – „Sie machen Geräusche, aber niemand kommt“, sagt Deniz und fasst sich verzweifelt mit den Händen an den Kopf. Er weint, als er auf die Trümmer eines zerstörten Hauses zeigt, unter denen seine Mutter und sein Vater verschüttet sind und auf die Rettungskräfte warten. Wie andere Bewohner in der südtürkischen Mittelmeer-Provinz Hatay klagt er einen Tag nach den schweren Erdbeben über unzureichende Hilfen und mangelndes Krisenmanagement. Vielerorts sind verzweifelte Hilfeschreie von Menschen zu hören, die in eingestürzten Gebäuden eingeschlossen sind. Andere, die sich ins Freie haben retten können, versuchen sich bei kaltem, regnerischem Winterwetter an Lagerfeuern zu wärmen.
Hatay an der Grenze zum Nordwesten Syriens ist mit mehr als 870 Todesopfern die am stärksten von den verheerenden Erdstößen betroffene Provinz der Türkei. Verschärft wird die dramatische Lage, dass dort schon ohnehin Hunderttausende notleidende Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem benachbarten Syrien leben. „Wir sind am Boden zerstört, wir sind am Boden zerstört. Mein Gott!“, sagt Deniz. „Sie rufen uns. Sie sagen: ‚Rettet uns‘, aber wir können sie nicht retten. Wie sollen wir sie denn retten? Seit dem Morgen ist niemand mehr da.“ Die Einsatzkräfte haben Mühe, das Ausmaß der Zerstörung zu bewältigen. Sie klagen über Schwierigkeiten, Ausrüstung zur Rettung der verschütteten Menschen zu bekommen. In ihrer Not halten Menschen Autos an und fragen nach Werkzeugen, um bei der Räumung der Trümmer zu helfen.
13.740 Such- und Rettungskräfte wurden laut der türkischen Katastrophenschutzbehörde Afad in die Erdbebenregion entsandt. Allerdings ist das Ausmaß der Schäden enorm: Im Süden der Türkei wurden fast 6000 Gebäude zerstört, die Zahl der Todesopfer stieg am Dienstagmorgen auf über 5000. Allein in Hatay wurden mehr als 1200 Gebäude zerstört, wie Gesundheitsminister Fahrettin Koca mitteilte. Die Regierung rief die Alarmstufe vier aus und bat damit um internationale Hilfe. Am Dienstagmittag rief Präsident Recep Tayyip Erdogan den Notstand für drei Monate aus, der zu einer Massenmobilisierung des Militärs führen könnte.
In Hatays Hauptstadt Antakya waren zehnstöckige Gebäude auf die Straßen gestürzt. Reuters-Reporter berichten von Unmengen von Trümmerhügeln. Helfer kämpfen sich durch die Schuttmassen. „Es gibt keine Rettungskräfte, keine Soldaten. Niemanden. Dies ist ein vernachlässigter Ort“, sagt ein Mann, der aus Ankara nach Hatay gereist war. Ihm ist es gelungen, eine Frau aus den Trümmern eines Hauses zu ziehen, die nun in einem Auto medizinisch notversorgt wird. „Hier geht es um ein Menschenleben. Was kann man tun, wenn man einen Lebenslaut hört?“, fragt er hilflos.
Szene: Hilferufe aus den Trümmern – Verzweiflung unter Bebenopfern in türkischer Provinz
Quelle: Reuters
Symbolfoto: Bild von Miriam Müller auf Pixabay
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