UPDATE München, 03. Feb – Der angeschlagene Autozulieferer Leoni will bei seiner Sanierung ohne einen Verkauf des Auto-Kabelgeschäfts auskommen. Stattdessen müssen aller Voraussicht nach die Aktionäre bluten, weil die Banken ihre Schulden in frisches Eigenkapital tauschen wollen, wie das Unternehmen am Freitag in Nürnberg mitteilte. „Wir müssen eine belastbare Lösung finden, die ohne einen Verkauf des Automobil-Geschäfts funktioniert“, sagte der scheidende Vorstandschef Aldo Kamper im Club Wirtschaftspresse in München. Die gescheiterten Verkaufspläne für die Kabel-Produktion seien ohnehin nur aus der Not geboren gewesen – der finanziellen Zwänge wegen. Die thailändische Stark war im Dezember überraschend als Käufer abgesprungen.
Leoni hatte den vereinbarten Verkaufserlös von 442 Millionen Euro für die Kabelsparte ursprünglich als Teil eines Rettungspakets eingeplant. Das Geld sollte an die Banken gehen, bei denen Leoni Milliardenschulden hat. Sie sollen nun offenbar stattdessen Leoni-Aktien oder Besserungsscheine bekommen und danach 90 bis 95 Prozent an Leoni halten,wie das „Handelsblatt“ zuerst berichtet hatte. Das ließ die Leoni-Aktie um mehr als ein Drittel auf 4,00 Euro abstürzen.
„Die laufenden Verhandlungen lassen erwarten, dass es ohne einen Kapitalschnitt der Aktionäre keine Lösung geben wird“, teilte der Anbieter von Kabelbäumen für Autos mit. Dabei würden die Anteile der gegenwärtigen Anteilseigner durch eine massive Kapitalerhöhung stark verwässert. Der Leoni-Großaktionär, der österreichische Unternehmer Stefan Pierer (KTM AG), sei bereit, unter bestimmten Bedingungen frisches Kapital zuzuschießen und damit „einen deutlichen Sanierungsbeitrag“ zu leisten.
Bis Mitte des Jahres fordern die Banken ihr Geld noch nicht zurück. „Wir brauchen eine Lösung deutlich früher“, sagte Kamper. Er erwarte zumindest eine grundsätzliche Einigung noch vor seinem Abschied von Leoni Ende März. Die Gespräche mit den Banken führt der Sanierungsexperte Hans-Joachim Ziems, den Leoni zum zweiten Mal in den Vorstand geholt hat.
Leoni hatte sich mit einer fast ungebremsten Expansion vor Kampers Amtsantritt verhoben. Er gehe aber wegen der wichtigen Rolle des Bordnetz-Herstellers nicht davon aus, dass die Geldgeber den Konzern mit mehr als 90.000 Mitarbeitern fallen lassen, sagte Kamper. „Sowohl die Banken als auch die Hersteller glauben, dass Leoni gebraucht wird.“ Das habe nicht zuletzt die Ukraine-Krise gezeigt, in der zeitweise die Bänder deutscher Autobauer stillstanden, weil Leoni nicht liefern konnte. „Unsere Kunden wollen mehr mit uns machen“, sagte der Niederländer. Der Kostendruck lasse allerdings nicht nach. „Reich wird man nicht in der Zulieferindustrie.“
KAMPER ZU AMS OSRAM: „EIN NACHHAUSEKOMMEN“
Kamper hatte Anfang der Woche überraschend seinen Wechsel zum österreichischen Halbleiterkonzern AMS Osram angekündigt. Er folgt als Vorstandschef auf Alexander Everke, der die Übernahme des deutlich größeren Lichttechnikkonzerns Osram durchgesetzt hatte. Kamper hatte mehr als zwei Jahrzehnte für Osram gearbeitet, zuletzt als Chef der wichtigen Sparte optische Halbleiter. Er verteidigte den Schritt zu AMS als einmalige Chance. „Für mich ist das ein Nachhausekommen. Mein Herz schlägt für die Halbleiterei“, sagte der 52-Jährige.
Leoni-Aktionäre müssen bei neuem Sanierungs-Anlauf bluten
Quelle: Reuters
Symbolfoto: Bild von Ulrike Mai auf Pixabay
Hier findet ihr die aktuellen Livestream-Folgen. Mehr aus Web3, NFT und Metaverse