London, 15. Dez – Die Londoner City bleibt von den Cum-Ex-Ermittlungen nicht verschont: Die britische Finanzmarktaufsichtsbehörde (FCA) ermittelt gegen neun Finanzinstitute und drei Personen wegen der illegalen Aktiendeals, wie Reuters durch Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz erfuhr. Auch wenn britische Steuerzahler durch die Cum-Ex-Geschäfte nicht geschädigt wurden, fand den Anwälten und Behörden zufolge ein bedeutender Teil der Strukturierung und Orchestrierung in London statt. Das habe den Steuerbetrug in Dänemark, Deutschland, Frankreich und Italien unterstützt. Im einem ersten Urteil in Zusammenhang mit Cum-Ex-Geschäften hatte das Bonner Landgericht 2020 zwei britische Händler zu Bewährungsstrafen verurteilt, weil sie dem deutschen Fiskus mehrere Millionen Euro geraubt hatten.
Die FCA ist seit sieben Jahren in die grenzüberschreitenden Ermittlungen europäischer Behörden eingebunden. Doch anders als in Dänemark oder Deutschland ermittelt in Großbritannien nur die Aufsichtsbehörde, die in Steuerstraftaten nicht zuständig ist. Diese gehören in Großbritannien in den Zuständigkeitsbereich der Steuerbehörde HMRC oder des Serious Fraud Office. Keins der beiden Institutionen wollte sich zur Frage äußern, ob sie ebenfalls in Bezug auf Cum-Ex ermitteln. „Bei den britischen Behörden herrscht Untätigkeit in Bezug auf Cum-Ex“, monierte Anwältin Zoe Osborne von der Kanzlei Steptoe & Johnson in London. „Britische Strafermittlungen würden ein wichtiges Signal senden: Auch wenn wir nicht geplündert wurden, tolerieren wir kein solches Verhalten“, sagte Konrad Duffy von der Bürgerbewegung Finanzwende in Berlin.
Die FCA verhängte bisher Strafgelder an drei Brokerage-Firmen – insgesamt 2,9 Millionen Pfund (3,4 Millionen Euro), wie aus den Dokumenten hervorgeht. TJM Partnership, Sunrise Brokers und Sapien Capital handelten demnach im Zeitraum von Januar 2014 bis November 2015 Aktien dänischer und belgischer Unternehmen im Gesamtwert von 121,2 Milliarden Pfund für den Hedgefonds Solo Capital und die mit dem Fonds in Verbindung stehenden Firmen. Die drei Firmen kooperierten mit den Behörden.
Zudem ermittelten die Aufseher den Unterlagen zufolge gegen fünf weitere Firmen und eine Person. 2020 war auch ein ehemaliger Vorstandschef eines Finanzinstituts unter den Beschuldigten, wie aus den Dokumenten hervorgeht. Die Ermittlungen gegen ihn wurden allerdings unterbrochen, um die Erkenntnisse eines Cum-Ex-Verfahrens in Dänemark abzuwarten. Aus Mangel an Beweisen stellte die FCA Mitte November Ermittlungen gegen acht Personen und gegen ein Finanzinstitut ein.
Mit den sogenannten Cum-Ex-Aktientransaktionen konnten sich Investoren eine einmal gezahlte Kapitalertragssteuer auf Aktiendividenden vom Finanzamt mehrfach erstatten lassen. Dazu verschoben sie um den Stichtag für die Auszahlung der Dividende herum untereinander Aktien mit („cum“) und ohne („ex“) Dividendenanspruch. Der Schaden für den deutschen Fiskus geht in die Milliarden.
Britische Finanzaufsicht ermittelt wegen Cum-Ex-Geschäften
Quelle: Reuters
Symbolfoto: Bild von Gerd Altmann auf Pixabay
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