Ankara/Berlin, 09. Feb (Reuters) – Nach dem Sendeverbot in Russland droht der Deutschen Welle nun auch Ärger in der Türkei. Die türkische Aufsichtsbehörde für den Rundfunk (RTÜK) hat drei internationalen Medienhäusern eine Frist von 72 Stunden gesetzt, um eine Betriebslizenz für ihre türkischsprachigen Websites zu erhalten, teilte RTÜK-Vorstandsmitglied Ilhan Tasci am Mittwoch auf Twitter mit. Andernfalls werde der Deutschen Welle, Voice of America und Euronews der Zugang zu ihren Plattformen gesperrt. Das Regulierungsgremium habe dies mit der Mehrheit der Stimmen der neun RTÜK-Vorstandsmitglieder beschlossen. Diese gelte für die Internetseiten dw.com/tr, amerikaninsesi.com, und tr.euronews.com.
Ein Sprecher der Deutschen Welle sagte, man könne dazu vorerst nicht Stellung nehmen. Denn es gebe von der RTÜK zum Sachverhalt bisher keine offiziellen Informationen. Tasci, der auch Abgeordneter der Opposition ist, kritisierte den Schritt des Obersten Rundfunk- und Fernsehrates (RTÜK) als weiteren Angriff auf die Medienfreiheit in der Türkei.
Vom RTÜK-Vorstand, der von der regierenden AK-Party dominiert wird, war zunächst keine Begründung für das Vorgehen zu erhalten. Die Türkei hat in den vergangenen Jahren die Medienaufsicht verschärft, indem sie der RTÜK eine weitreichende Aufsicht über alle Online-Inhalte gab, die sie auch entfernen kann. Etwa 90 Prozent der Mainstream-Medien in der Türkei befinden sich heute in staatlichem Besitz oder stehen der Regierung nahe.
Die Deutsche Welle ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts und gehört zur ARD. Vorige Woche hat die Regierung in Moskau der Deutschen Welle die Sendelizenz für Russland gestrichen. Dies gilt als Retourkutsche dafür, dass die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) der Medienanstalten Anfang Februar die Verbreitung des russischen Fernsehsenders RT DE in Deutschland untersagt hat. Den deutschen Behörden zufolge liegt für RT DE keine medienrechtliche Zulassung vor.
Neuer Ärger für Deutsche Welle – Aufsicht in Türkei fordert Lizenz
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