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Chinas früherer Präsident Jiang Zemin ist tot

Peking, 30. Nov – Chinas früherer Präsident Jiang Zemin ist tot. Er sei am Mittwoch im Alter von 96 Jahren gestorben, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua und veröffentlichte einen Brief der Führung an das Volk. Jiang sei in seiner Heimatstadt Shanghai verstorben, heißt es in dem Schreiben der Kommunistischen Partei, des Parlamentes, der Regierung und des Militärs. „Der Tod des Genossen Jiang Zemin ist ein unermesslicher Verlust für unsere Partei, unser Militär und unsere Menschen aller ethnischen Gruppen.“

Jiang wurde 1989 Generalsekretär der KP – nach der Niederschlagung der Demokratiebewegung auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking. 1993 wurde er zudem Präsident. Vielen galt Jiang als Kompromiss und Übergangskandidat. Doch es gelang ihm, sein Land aus der politischen Isolation zu holen, die Beziehungen zu den USA zu kitten und der Wirtschaft einen beispiellosen Boom zu bescheren.

Jiang wurde 1989 an die Spitze der KP geholt – nach der Niederschlagung der Proteste im Juni desselben Jahres. Er löste den Reformer Zhao Ziyang ab, nachdem dieser von Hardlinern gestürzt worden war. Zhao hatte Sympathie für die Demokratiebewegung zeigte. Generalsekretär blieb Jiang bis 2002. Im Jahr 1993 wurde er für zehn Jahre Präsident. 

Anfangs wurde Jiang oft mit Hua Guofeng verglichen – dem von Staatsgründer Mao Zedong erwählten Nachfolger, der Ende der 70er Jahre nach nur wenigen Jahren durch Deng Xiaoping von der Macht verdrängt wurde. Jiang aber hielt sich. In seine Ägide fallen Chinas Beitritt zur Welthandelsorganisation WTO 2001, der Zuschlag für die Olympischen Sommerspiele in Peking 2008 und – wohl am wichtigsten – die Rückkehr der einstigen britischen Kronkolonie Hongkong nach China 1997. 

In diesem Jahr besuchte Jiang auch die USA – es war eine Reise, die das Eis brach. Dem damaligen US-Präsidenten Bill Clinton sagte Jiang: „Wir sollten mit der Zeit gehen und auf den Willen der Menschen reagieren und unseren Marsch in Richtung der Einrichtung und Entwicklung einer konstruktiven, strategischen Partnerschaft fortsetzen.“ In Jiangs Amtszeit fielen schwere Krisen mit den USA, so nach dem Bombardement der chinesischen Botschaft in Belgrad durch die Nato im Jahr 1999 und nach der Kollision eines chinesischen Düsenjägers und eines US-Spionageflugzeugs in Chinas Luftraum 2001. Ein Jahr später war er einer der wenigen führenden Politiker der Welt, den US-Präsident George W. Bush auf seiner Ranch in Texas empfing.

SPEKTAKULÄRES WIRTSCHAFTSWACHSTUM – WUCHERNDE KORRUPTION

Chinas Transformation unter Jiang Zemin brachte schwerwiegende Probleme mit sich. Die politischen Reformen stockten, die Freiheiten wurden eingeschränkt. Jahr um Jahr wuchs die Wirtschaft in einem spektakulären Ausmaß. Doch zugleich wurde das Wohlstandsgefälle immer größer, die Korruption wucherte, soziale Unruhen nahmen zu. Basis für die wirtschaftliche Entwicklung war Jiangs Theorie mit dem rätselhaften Namen „Dreifaches Vertreten“. Danach soll die KP die Erfordernisse der Entwicklung der Produktivkräfte vertreten, die Richtung des Vorwärtsschreitens der Kultur vorgeben und die grundlegenden Interessen der Mehrheit des Volkes vertreten. So wurden Unternehmer, einst als Kapitalisten verteufelt, eingeladen, sich der Kommunistischen Partei anzuschließen. 

Trotz der gesellschaftlichen Probleme wurde Jiangs Theorie ins Parteistatut und in die Verfassung der Volksrepublik aufgenommen – wie die Theorien Deng Xiaopings und die Gedanken Mao Zedongs. An Mao erinnerte Jiang in vielerlei Hinsicht. Mao gilt vielen Chinesen als begnadeter Dichter – eines von Jiangs Gedichten erschien 1999 auf den Titelseiten der Zeitungen. Mao trug seine Hosen weit über die Hüfte hochgezogen und strich sein Haar glatt nach hinten – Jiang tat es ihm nach. Mao schwamm 1966 im Jangtsekiang, um zu zeigen, dass er mit 73 Jahren immer noch fit war. Und als der im August 1926 geborene Jiang 1997 in den USA weilte, nahm er auf Hawaii ein Bad am Strand von Waikiki. 

Chinas früherer Präsident Jiang Zemin ist tot

Quelle: Reuters

Symbolfoto: Bild von S. Hermann / F. Richter auf Pixabay

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