UPDATE London, 16. Nov – Teure Lebensmittel und Energie haben die britische Inflation auf das höchste Niveau seit 41 Jahren getrieben. Die Verbraucherpreise lagen im Oktober um 11,1 Prozent höher als im Vorjahresmonat. Dies ist laut dem Statistikamt ONS der höchste Wert seit Oktober 1981. Von Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich einen Anstieg von 10,7 Prozent erwartet, nach einer Jahresteuerungsrate von 10,1 Prozent im September. Mit Blick auf den anstehenden Sanierungsplan zum Stopfen der tiefen Löcher im Haushalt kündigte Finanzminister Jeremy Hunt am Mittwoch „harte, aber notwendige“ Entscheidungen an.
„Es ist unsere Pflicht, die Bank of England bei ihrer Aufgabe zu unterstützen, die Inflation wieder auf die Zielmarke zu bringen, indem wir verantwortungsvoll mit den Finanzen der Nation umgehen“, erklärte Hunt. Die Pläne zur Sanierung der öffentlichen Finanzen will er am Donnerstag vorstellen. Sie sehen laut Presseberichten umfangreiche Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen vor, um eine rund 55 Milliarden Pfund (rund 62,8 Milliarden Euro) tiefe Haushaltslücke zu schließen.
Nach dem turbulenten Regierungsintermezzo der gescheiterten Premierministerin Liz Truss gilt es für deren Nachfolger Rishi Sunak, verlorenes Vertrauen an den Finanzmärkten zurückzugewinnen. Truss hatte im September eine Reihe nicht finanzierter Steuersenkungen vorgestellt und damit Erschütterungen am Anleihenmarkt ausgelöst. Die Notenbank sorgte mit vorübergehenden Stützungskäufen für eine Stabilisierung der Lage.
ALLE SOLLEN OPFER BRINGEN
Mit Blick auf den Sanierungsplan sind laut Hunt nun alle Briten gefordert, Opfer zu bringen. Allerdings dürfe man den unteren Einkommensschichten nicht zu viel abverlangen, räumte der Finanzminister ein. Laut der „Sunday Times“ plant er unter anderem, den Steuerfreibetrag für Kapitalgewinne zu halbieren und die Schwelle für die Zahlung des Spitzen-Einkommensteuersatzes von 150.000 Pfund auf 125.000 Pfund pro Jahr abzusenken. Für viele Abgeordnete seiner regierenden Konservativen Partei sind höhere Steuern jedoch ein rotes Tuch. Damit läuft Hunt Gefahr, mit einem kräftigen Dreh an der Steuerschraube neue Spannungen in der Partei auszulösen. Diese ist nach dem vorzeitigen Abgang des Premiers Boris Johnson und der teils chaotisch anmutenden Regierungszeit von Truss unter Sunak gerade erst wieder etwas zur Ruhe gekommen.
Der Premier ist nun mit einer heraufziehenden Rezession konfrontiert, die sich laut der Notenbank über Jahre hinziehen könnte. Zugleich ist die Regierung gefordert, den Bürgern in Zeiten exorbitant steigender Energiekosten weiter Entlastung zu verschaffen. Laut dem ONS wäre die Inflation im Oktober sogar auf 13,8 Prozent geklettert, wenn die Regierung die Energiekosten der Haushalte nicht gedeckelt hätte. Diese staatliche verordnete Obergrenze für die Energierechnungen der Haushalte auf durchschnittlich 2500 Pfund pro Jahr läuft im April aus. Laut „Sunday Times“ wird Hunt wahrscheinlich weitere 20 Milliarden Pfund in die Hand nehmen, um eine sechs-monatige Verlängerung einer Deckelung zu ermöglichen.
Die hohen Energiekosten nagen an der Kaufkraft der Briten. Doch mit dem Sparkurs der Regierung werde auch die Konjunktur und in der Folge die Inflation stärker gedämpft, meint Ökonomin Ellie Henderson vom Finanzhaus Investec. Dies spiele der Notenbank in die Hände, die bei Zinserhöhungen eine „weniger aggressive Gangart“ an den Tag legen könne. Die Notenbank hob den geldpolitischen Schlüsselsatz zuletzt um 0,75 Punkte auf 3,0 Prozent an. Es war die kräftigste Erhöhung seit 1989. Die Bank of England (BoE) strebt eine Teuerungsrate von 2,0 Prozent an, verfehlt das Ziel aber seit längerem.
Britische Inflation auf 41-Jahreshoch – Teuerungsrate bei 11,1 Prozent
Quelle: Reuters
Titelgrafik: Bild von Gerd Altmann auf Pixabay
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